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Ex-Manager Anton Pichler: »Es war keineswegs klar, dass die Austria ihr neues Stadion bekommt« [Spezial]

Lesedauer: 6 Minuten
© Sport Business Magazin

Vom Marketingleiter zum Vorstandsvorsitzenden: Anton Pichler prägte über Jahrzehnte den SV Austria Salzburg und hatte einen maßgeblichen Anteil am Stadionbau in Wals-Siezenheim. Ein Gespräch über noch nie dagewesene Innovationen, prognostiziertes Scheitern und den inoffiziellen Einstieg von Dietrich Mateschitz in den Profifußball.

© SPORT-Bildagentur krugfoto

Am 7. Dezember 1993 erfolgt der Anpfiff für das Rückspiel im UEFA-Cup-Achtelfinale zwischen Austria Salzburg und Sporting Lissabon im alten Lehner Stadion in Salzburg. Vor über 13.500 Zuschauern beginnt für die österreichische Mannschaft ein Erfolgslauf – und der Gedanke an ein neues Stadion für die aufblühende Salzburger Austria wird geboren. Mittendrin ist auch der in Zell am See geborene Anton Pichler als damaliger Geschäftsführer für Marketing, Administration und Organisation. Politische Stützen, Rückschläge und Erfolge: Wir blicken mit dem langjährigen Manager von Austria Salzburg auf die wichtigsten Eckpunkte rund um den Stadionbau in Wals-Siezenheim zurück.

Anton Pichler im UEFA-Cup-Finale am 11. Mai 1994 im Giuseppe-Meazza-Stadion gegen Inter Mailand.

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Herr Pichler, wann kam der Gedanke an ein neues Stadion für den SV Austria Salzburg?

Ein entscheidender Moment war das Rückspiel im UEFA-Cup-Achtelfinale gegen Sporting Lissabon am 7. Dezember 1993. Die UEFA hat per 1. Jänner 1994 die Stehplätze aus dem Zuschauerbereich verbannt. Aufgrund der gewonnenen Partie gegen Lissabon mussten wir das Viertelfinale gegen den damaligen deutschen Tabellenführer Eintracht Frankfurt im Wiener Ernst-Happel-Stadion spielen.

Ab diesem Zeitpunkt war klar: wir brauchen in Lehen eine Lösung.

Wann wurde diese Entscheidung getroffen?

Diese fällten Rudi Quehenberger und ich im Rahmen der Auslosung in Genf. Auf dem Weg in das Hotelzimmer meinte Rudi: »Toni, du wir spielen in Wien, was meinst du?« Wir kreierten den Claim »Salzburg für Österreich und Österreich für Salzburg«. Der Euphoriezug nahm Fahrt auf und wir richteten das gesamte Jahr unsere Europacupspiele – UEFA-Cup und Champions League – vor mehreren hunderttausend Menschen in Wien aus.

Ab diesem Zeitpunkt war klar: wir brauchen in Lehen eine Lösung. Die Gespräche mit der Politik und die Planungen für Umbauten starteten. Einmal sollte die Tiefgarage weichen und das Stadion in den »Keller« gesetzt werden, ein anderes Mal waren neue Tribünen an der Nord- und Südseite im Gespräch. All diese Ideen scheiterten und so begann für einen Neubau die Suche nach Standorten außerhalb der Stadt.

Das »Dreamteam« der Salzburger Erfolgsgeschichte in den 90er-Jahren: Rudolf Quhenberger und Anton Pichler.

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Welche Locations kamen in die engere Auswahl?

Wals-Siezenheim und Puch-Urstein bei Hallein. Zu dieser Zeit – Ender der 90er-Jahre – besuchten wir zahlreiche Stadien in Deutschland und den Niederlanden, um das »beste Paket« für Salzburg zu kreieren. Nach Querelen mit Anrainern aus Taxham und dem Management des Europarks, dem Rauskaufen von Grundstücken auf dem »bevorzugten Platz«, näherte man sich dem Standort Stück für Stück an.

Ursprünglich sollte das Stadion am Ort des heutigen Parkplatzes gebaut werden. Doch der SPAR-Konzern kaufte ein Grundstück direkt in der Mitte, hatte Parteienstellung und verhinderte so den Bau. Somit war nur mehr die gegenüberliegende, etwa zehn Hektar große Fläche frei. Ab diesem Zeitpunkt war Ludwig Bieringer – damaliger Bürgermeister von Wals-Siezenheim – ein starker Verbündeter.

Offiziell durfte es niemand wissen, aber Ende 2002 war der »erste« Einstieg von Dietrich Mateschitz in den Profifußball.

Stichwort Ludwig Bieringer: Welche Rolle spielte der Bürgermeister?

Eine entscheidende, denn mit ihm konnte auch Landeshauptmann Franz Schausberger an Bord geholt und als Unterstützer gewonnen werden. Ludwig Bieringer war auch in Wien enorm bedeutend, um die richtigen politischen Vertreter für das Unterfangen zu mobilisieren. Binnen kurzer Zeit stand eine tragfähige politische Mehrheit hinter unserem Projekt.

Lediglich im Salzburger Stadtteil Taxham bekamen wir enormen emotionalen Gegenwind zu spüren, da die FPÖ gemeinsam mit einer Lokalzeitung Stimmung machte. Es gab monatelange Diskussionen mit Parteienvertretern und Anrainerforen. Es war eine harte Zeit und keineswegs klar, dass die Austria ihr neues Stadion bekommt.

© Joachim Maislinger / Kronen Zeitung

Welche Aufgaben hatten Sie beim Projekt?

Meine Aufgabe als Manager war es, der Politik und Bevölkerung zu vermitteln, dass wir das neue Stadion auch aus sportlicher Perspektive für zukünftige Erfolge benötigen würden. Das war harte Arbeit, denn die Grazer und Wiener Vereine waren finanzstärker und sportlich oft erfolgreicher.

Wann wurde das Projekt konkret?

Rückblickend war die Übernahme des Kärntner Industriellen Egon Putzi im Jänner 2000 und damit verbundene Kapitalisierung der Salzburg Sport AG mit über 150 Millionen Schilling ein strategischer, medialer und emotionaler Erfolg für den Verein – auch für das Stadionprojekt. Darüber hinaus waren die meisten Anrainerthemen geklärt und die regionale sowie nationale Politik war als Unterstützer mit an Bord.  

Auch die Verpflichtung von Toni Polster spielte eine entscheidende Rolle. Sie vermittelte Stabilität und eine langfristige sportliche Perspektive für die Austria.

Das war für mich als 36-Jähriger ein Karrieresprung und eine enorme Verantwortung zugleich.

Auch für Sie persönlich war das Frühjahr 2000 ein besonderes.

Das ist korrekt, ich wurde am 28. März 2000 mit nur einer Gegenstimme von 114 Mitgliedern zum Obmann des SV Austria Salzburg gewählt, nachdem Rudi Quehenberger zurückgetreten war. Somit hatte ich die höchste Position im Verein und in der AG als Vorstandsvorsitzenden inne. Das war für mich als 36-Jähriger ein Karrieresprung und eine enorme Verantwortung zugleich.

Sie hatten damit die Entscheidungsgewalt im gesamten Verein. Warum wurde ein Kunstrasen im Stadion verlegt?

Es sollten zukünftig auch andere Veranstaltungen und Events wie Open-Air-Konzerte stattfinden. Als eines von vier Referenzstadien in Europa bekamen wir finanzielle Unterstützung der UEFA. Die Multifunktionalität war gegeben und »alle« glücklich.

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Welche weiteren Schwerpunkte standen auf Ihrer Agenda?

Ich wollte die Arena mit mehreren neuartigen Kundenangeboten und Assets ausstatten. Wir waren beispielsweise das erste Stadion in Österreich, das die gesamten Zäune – außer im Auswärtsfansektor – entfernte. Weiters gestalteten wir einen Rundumgang über alle Zuschauerränge – das gibt es bis heute nur in Salzburg.

Mein Augenmerk lag aber vor allem auf dem VIP-Bereich. Als erste Arena in Österreich gestalteten wir zwei vollständig voneinander getrennte VIP-Bereiche. Im Erdgeschoß gab es circa 600 VIP-Plätze und im 1. Stock bauten wir sogenannte »Skyboxen«. Das war ein Novum.

Mit dem festgelegten Preis von 35.000 Euro für eine Box pro Saison, wurde mir ein klägliches Scheitern prognostiziert. Das Gegenteil war der Fall. Innerhalb einer Jahresfrist hatten wir alle Boxen erfolgreich verkauft.

Wer waren die Käufer?

Diverse Unternehmen und eine bestimmte Persönlichkeit – hier ist mir ein Clou gelungen. Robert Stasny und Robert Hohensinn von Red Bull versuchten nach Rücksprache mit mir, Dietrich Mateschitz zu überzeugen, eine Skybox zu kaufen – mit Erfolg. Offiziell durfte es niemand wissen, aber Ende 2002 war das der »erste« Einstieg von Dietrich Mateschitz in den Profifußball.

Herr Pichler, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

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