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Football-Hype: So will die NFL mit Tom Brady und Co. den deutschen Markt erobern

Die US-amerikanische Football-Liga kommt erstmalig nach Deutschland. Nach dem in den vergangenen Jahren bereits mehrere Gastspiele in London und Mexiko stattfanden, ist nun München dran. Und auch abseits der NFL ist im Football aktuell einiges los.
Lesezeit: 8 Minuten
Foto: Franz Neumayr/picturedesk.com

Football ist in Europa längst keine Randsportart mehr. Bis vor wenigen Jahren war das noch anders. Das Interesse an dem amerikanischen Sport mit dem ovalen »Laberl« war bis in die 2000er hinein enden wollend. Wohl auch deswegen, weil das Regulativ sicher zu den komplexesten gehört, dass die Sportwelt hergibt und in Europa naturgemäß der Fußball über allen anderen steht. Daher war nur wenig Platz für die 22 Männer, die in schwerer Schutzausrüstung auf dem Platz stehen. Doch das änderte sich in den vergangenen Jahren rasant. »Ausverkauft!« mussten viele NFL-Fans lesen, als sie am 19. Juli 2022 versuchten, sich ein Ticket für das erste NFL-Spiel in der Allianz Arena in München zu kaufen.

Nach dem die Football Liga schon traditionell nach England kommt und dort bereits viele Spiele im Londoner Wembley Stadium, Twickenham Stadium und im neuen Tottenham Stadium ausgetragen hat – Premiere in England war 2007 – wagt sie nun den Sprung nach Festland-Europa.

In der Arena des FC Bayern werden am 13. November 2022 der zweimalige Superbowl-Champion, die Tampa Bay Buccaneers, rund um Star-Quarterback Tom Brady, auf den Meister der Saison 2013, die Seattle Seahawks, mit Langzeitcoach Pete Carroll treffen. Nach nur einer Stunde war der Vorverkauf für dieses Spiel auch schon wieder beendet, da alle Karten vergeben waren. Insgesamt waren es an diesem Tag 550.000 Menschen, die Tickets für die Premiere in Deutschland erwerben wollten. Die Ticketbörse Ticketmaster gab Mitte August bekannt, dass sogar drei Millionen Tickets hätten abgesetzt werden können, so hoch war das Interesse an der Premiere.

Für eine Karte mussten die Glücklichen durchaus tief in die Taschen greifen. Zwischen 75 und 155 Euro kosteten die regulären Tickets und die bereits im Juni feilgebotenen Premium-Pakete waren mit 449 Euro veranschlagt. Diese beinhalten beispielsweise die besten Plätze in der Arena inklusive Verköstigung. Auch diese waren wie die normalen Kategorien sofort ausverkauft. Auf dem Schwarzmarkt im Internet explodierten danach die Preise. Tausende von Euro wurden, für die nicht personalisierten Tickets, verlangt.

G.O.A.T Tom Brady empfängt am 13. November 2022 mit seinen Tamba Bay Buccaneers die Seattle Seahwaks in der Allianz Arena. | © Amendola/AP

England, Mexiko und jetzt Deutschland

»Sportlich wird es ein hoher Sieg der Tampa Bay Buccaneers gegen die Seattle Seahawks werden. Aber den Leuten geht es wohl weniger um das Sportliche, sondern um Brady schauen. Die wollen den G.O.A.T. (Greatest Of All Time; Anm. d. Red.) sehen, die wollen die Bucs sehen, die wollen den Super-Bowl-Champion sehen«, erklärt uns PULS 4 NFL-Kommentator Walter Reiterer im Gespräch mit dem Sports Business Magazin. Neben dem Spiel in München hat die NFL bereits drei weitere Deutschlandgastspiele fixiert. Nach München geht es 2023 hinauf nach Frankfurt am Main und ab 2024 folgt ein weiteres Mal diese Kombination.

Neben der Partie in Deutschland werden in dieser Saison noch die schon bekannten London-Spiele stattfinden und auch das Aztekenstadion in Mexiko-Stadt wird wie in den vergangenen Saisonen für ein Spiel zum Außenposten der Liga. »Die NFL hat sicher China als Markt im Auge und Japan möglicherweise auch. In Japan wird professionell Football gespielt. Dort gibt es eine College-Liga und eine Profi-Liga«, meint Reiterer. Weiters hört man gelegentlich die Namen von Australien und Brasilien. Eines ist sicher, die NFL will mehr, sie will globaler werden und neue Märkte erschließen. Ob es allerdings in absehbarer Zeit eine Franchise, also ein Team in London geben wird, steht in den Sternen. Spekuliert wurde schon öfter darüber, aber klar ausgesprochen ist es von Seiten der Liga noch nicht worden. »Bei einer Franchise müsste man schauen, dass die Gegnerteams von der Ostküste sind und nicht aus dem Westen der USA. Für die im Osten ist es fast egal, ob sie nach Kalifornien oder London fliegen müssen«, sagt Reiterer. Mit dem Spiel am 9. Oktober 2022 im Londoner Tottenham Stadium passierte auch so Historisches. Bei dem Duell zwischen den New York Giants und den Green Bay Packers trafen nicht nur zwei der renommiertesten Namen aufeinander, sondern mit den Herren rund um Quarterback Aaron Rodgers machte sich das letzte NFL-Team nach Europa auf, das noch nie den Flieger nach London bestieg. Langfristig könnte es aber sehr wohl ein europäisches Team in der Liga geben, wie Reiterer nicht ausschließt. »Die Schritte, die die Liga macht, sind sehr klein. Zuerst war es ein Spiel in London, dann kam ein zweites und ein drittes dazu, jetzt das Spiel in Deutschland. Sie expandieren sehr langsam und sehr bedächtig. Sie wissen wohl ziemlich genau, was sie da tun.«

GELDMASCHINE Der durchschnittliche Preis für ein Zweitmarkticket für den Super Bowl kostet rund 8.400 US-Dollar. | © Charlie Riedel/AP/picturedesk.com

Die europäische Schwester der NFL

Doch Football wird auch in Europa abseits der NFL in den diversen nationalen und internationalen Ligen betrieben und Österreich ist trotz seiner Kleinheit eine Top-Nation des Kontinentes. Bei der Heimeuropameisterschaft 2014 wurde man Vize-Champ, nur hauchdünn von Deutschland im Finale bezwungen. 27.000 Zuseher ließen sich das Spiel im Ernst-Happel-Stadion damals nicht entgehen. Von Seiten des American Football Bund Österreich (AFBÖ) sieht man diese Zeit als Auslöser für die starke österreichische Liga an.

»Von 2010 bis zur Pandemie haben wir ein durchschnittliches Wachstum pro Jahr von acht Prozent zu verzeichnen. Wir haben jedes Jahr Anfragen von ausländischen Teams erhalten, die in unseren Ligen mitspielen wollten«, sagt AFBÖ-Generalsekretär Christoph Seyrl im Gespräch. Neben der Austrian Football League (AFL) sind österreichische Teams seit 2021 in der neuen European League of Football (ELF) vertreten. Die Raiders Tirol und die Vienna Vikings wechselten aus der nationalen in die europäische Liga.

Diese soll so etwas wie die Champions League des Sports werden. »Durch die ELF fehlen der AFL jetzt die besten 60 Spieler. Die Qualität ist genau um das gesunken. Der positive Effekt, der daraus entstanden ist, dass die meisten Spieler von den Vikings und den Raiders in die ELF gegangen sind, das heißt, die AFL hat sich nivelliert und zehn Teams spielen beinahe auf Augenhöhe«, meint Reiterer. Seyrl vom AFBÖ sieht die Konkurrenz durch die ELF zwiespältig. »Aus sportlicher Sicht ist die ELF Werbung für den Sport. Es wird zu beobachten sein, wie schnell die Vereine der österreichischen Ligen den Weggang der besten Spieler in die ELF durch eigenen Nachwuchs wieder ausgleichen können.«

Ob sich die Football-Königsklasse allerdings finanziell rechnet, kann aktuell noch bezweifelt werden. An manchen Spielorten wie in Istanbul, Barcelona oder Stuttgart werden die Stadien nicht gerade gestürmt. »Ich weiß nicht was das wirtschaftliche Ziel der ELF ist. Will man die Rechte verkaufen oder will man die Liga gewinnbringend machen? So wie sich Zuschauerzahlen an manchen Spielorten entwickeln sehe ich kein Geschäftsmodell, um ehrlich zu sein«, so Reiterer, der bei PULS 4 nicht nur die NFL, sondern auch die ELF kommentiert.

Im Fernsehen läuft die Liga zufriedenstellend, wie von PULS 4 auf Anfrage bestätigt wird. In manchen Städten sind die Fans in den Stadien nicht mehr als in der österreichischen Fußball-Regionalliga. In Istanbul kommen oft keine 400 Leute in das 5.000 Plätze fassende Heimstadion. Kommende Spielzeit sollen weitere vier Teams in der Liga mitmischen. Somit würde von zwölf auf 16 Vereine aufgestockt werden. Bei einem benötigten jährlichen Budget von knapp einer Million Euro pro Franchise sind so niedrige Zahlen im Stadion natürlich nicht zukunftsträchtig. »Wenn es keine Dreijahrespläne gibt und Sponsoren dahinterstehen, dann werden zwar kommendes Jahr die vier neuen Franchises kommen, aber die ein oder andere nicht mehr dabei sein«, meint Reiterer. Mit Spitzenfunktionär Markus Kraetschmer, der bei den Vienna Vikings mit seinem Unternehmen ein Beratungsmandat besitzt, sprachen wir ebenfalls über American Football und die ELF als spannenden Zukunftsmarkt.

VIENNA VIKINGS Vor fast 15.000 Zuschauern krönten sich die Vienna Vikings in ihrer ersten Saison sensationell zum Champion der European League of Football in Klagenfurt. | © Hannes Jirgal/Vienna Vikings

Österreich-Power in Indianapolis

Die eine oder andere Nummer größer ist da natürlich die NFL. Diese wird in der kommenden Spielzeit mit österreichischen Beteiligung auf dem Spielfeld über die Bühne gehen. Bei den Indianapolis Colts steht Bernhard Raimann im 53-Mann-Roster. Mit einer Körpergröße von über zwei Metern und einem Gewicht von beinahe 140 Kilogramm ist der Offensive Lineman aus Steinbrunn (Eisenstadt-Umgebung) wohl als Ergänzungsspieler im Kader der Colts. »Ich gehe davon aus, dass Bernhard Raimann als Back-up und auf der Position des Left-Tackle möglicherweise auch zu Einsatzzeiten kommt«, sagt Reiterer.

Raimann ist damit der vierte Österreicher in der NFL, nach Toni Fritsch, Toni Linhart und Ray Wersching. Allerdings der erste, der nicht als Kicker, sondern als klassischer Feldspieler im Kader eines Teams steht. Das Gespräch mit Reiterer wurde vor der Saison geführt und Bernhard Raimann bekam schneller die Option zu spielen als erwartet. Nicht nur als Back-up, sondern von Anfang an stand er regelmäßig auf dem Feld für die Colts. Die anderen österreichischen NFL-Hoffnungen, Sandro Platzgummer bei den New York Giants und Bernhard Seikovits bei den Arizona Cardinals, schafften leider nicht die Aufnahme in die jeweiligen Roster. Die Colts haben 2016 in London ein Europaspiel bestritten, seitdem nicht mehr.

Möglicherweise kommen sie in den kommenden Spielzeiten nach Deutschland. Ein Österreicher in einem NFL-Spiel in München oder Frankfurt im Einsatz, das wäre wohl für noch mehr Menschen ein zusätzliches Argument, sich um Karten zu bemühen. 

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