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Die UEFA verpasst ihren Klubwettbewerben ein neues Design. Das Versprechen: mehr Spiele, mehr Geld, mehr Spannung. Ist die Revolution zum Scheitern verurteilt? Wir haben bei Sturm Graz und Red Bull Salzburg nachgefragt.
© Andreas Schaad / FC Red Bull Salzburg
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Mehr InformationenAlles neu macht der Herbst. Fans des europäischen Klubfußballs müssen sich ab dieser Saison auf neue Formate bei Champions, Europa und Conference League einstellen. Die UEFA ebnete mit ihrer Entscheidung vom April 2021, ein neues Wettbewerbssystem einzuführen, den Weg für die Zukunft. Nun wird es zum ersten Mal ausgespielt. Die Auswirkungen bei den drei Wettbewerben sind weitreichend. Alle drei erstrahlen im neuen Design, die altbekannte Gruppenphase ist Geschichte. Ab jetzt wird im Ligaformat gegeneinander gespielt.
Seit der Einführung der Champions League in der Saison 1992/93 wurde sich in Vierergruppen mit Hin- und Rückspiel gematcht. Diverse Modifizierungen über die Jahre, von anfänglich acht Vereinen in zwei Gruppen, bis hin zu 32 Klubs in acht Gruppen, ließen die Königsliga immer weiter anwachsen. Über die Zeit verschob sich das Gewicht bei den Teilnehmern intensiver in Richtung großer Fußballnationen wie England, Spanien, Italien oder Deutschland. Diese stellten zuletzt vier Starter in der Gruppenphase, oder im Fall Spaniens vergangene Saison sogar fünf Teilnehmer, da der FC Sevilla als Gewinner der Europa League 2022/23 ein Fixticket für die Champions League bekam.
© Sebastian Atzler / SK Sturm
Größte Champions League der Geschichte
Mit der neuen Reform werden die zentralen Fußballländer weiterhin überproportional vertreten sein. Doch statt den bisher 32 Mannschaften, sind ab dieser Saison 36 Teams im Einsatz. Die Chancen, dass diese Plätze an kleinere Fußballnationen gehen, sind gering. Denn es werden einerseits die Verbände belohnt, die in der Klubkoeffizienten-Rangliste der UEFA auf dem fünften Platz liegen oder andererseits in der Vorsaison die besten kollektiven Leistungen erbringen konnten. Einzig der vierte Startplatz fällt einem weiteren Meister eines Verbandes zu.
Alle Teilnehmer werden ab dieser Saison in einer einzigen Liga zusammengefasst und müssen dort insgesamt acht Spiele austragen. Vier davon im eigenen Stadion, vier weitere Partien auswärts. Dabei treffen sie nicht zweimal auf dieselben Mannschaften, sondern bekommen acht verschiedene Gegner vorgesetzt. Die Klubs wurden für die Auslosung nach ihrem jeweiligen UEFA-Klubkoeffizient in vier Setztöpfe verteilt und treffen in der Ligaphase nun auf jeweils zwei Gegner aus allen Töpfen.
Zwar wirkten wie bei früheren Auslosungen ehemalige Fußballgranden – diesmal Gigi Buffon und Cristiano Ronaldo – mit, aber den erheblichen Teil erledigte der Computer im Hintergrund. Buffon zog jeweils die Mannschaften aus den Lostöpfen und Ronaldo betätigte einen Button, der den Computer dazu brachte, die jeweiligen Gegner automatisch zu generieren. Ein manuelles Ziehen wäre zu kompliziert und langatmig gewesen.
© Michael Meindl / FC Red Bull Salzburg
Sturm bei Dortmund, Salzburg gegen Real Madrid
Der österreichische Meister SK Sturm Graz war bei der Auslosung dem vierten Topf zugeordnet und der FC Red Bull Salzburg – international FC Salzburg –, der sich im Champions League Play-off gegen Dinamo Kiew durchsetzte, war aufgrund eines höheren Koeffizienten in Topf drei. Für die Gruppenphase wurden den Grazern beispielsweise Borussia Dortmund und der Europa-League-Sieger Atalanta Bergamo – jeweils auswärts – zugelost. Zuhause treffen die »Schwoazn« unter anderem auf Sporting Lissabon und RB Leipzig. »Für kleinere Vereine wird es wohl nicht leichter werden, da durch das Ligaformat auch die ganz Großen bis zum letzten Spieltag voll spielen werden müssen, um sicher direkt im Achtelfinale zu stehen. Allerdings denke ich, dass der neue Modus viel Spannung mit sich bringt, da du statt drei gleich acht verschiede Gegner hast und so für viel Abwechslung gesorgt ist«, meint Andreas Schicker, Geschäftsführer Sport des SK Sturm Graz, im Gespräch mit dem Sport Business Magazin.
Die Salzburger wiederum bekommen es daheim mit dem französischen Serienmeister Paris Saint-Germain und Atlético Madrid zu tun, während sie auswärts bei Real Madrid und Bayer Leverkusen auflaufen dürfen. »Ich sehe es positiv, dass mehr Klubs als bisher an den Bewerben teilnehmen können, was den kleineren Ligen sicher hilft. Des Weiteren gibt es künftig mehr internationale Spiele mit unterschiedlichen Gegnern auf hohem Level, was die Spannung innerhalb der einzelnen Bewerbe steigern wird, beziehungsweise einer Qualitätsverbesserung der Teams führt«, so Stephan Reiter, Geschäftsführer des FC Red Bull Salzburg, auf Anfrage des Sport Business Magazin.
© Sebastian Atzler / SK Sturm
Erhöhte Belastung
Da es nun acht statt sechs Spieltage in der Vorrunde gibt, verlängert sich diese und wird nun von Mitte September bis Ende Jänner 2025 ausgespielt. Danach folgt eine weitere Neuheit. Lediglich die Mannschaften auf den Plätzen 1 bis 8 qualifizieren sich direkt für das Achtelfinale. Die Tabellenränge 9 bis 24 müssen in eine Play-off-Runde mit Hin- und Rückspielen, um sich so noch für die K.o.-Phase qualifizieren zu können. Die Teams ab Platz 25 hingegen sind fix ausgeschieden und haben keine Möglichkeit mehr, in die Europa League umzusteigen.
»Die Spielanzahl und auch die Dynamik dabei haben sich in den letzten Jahren deutlich erhöht.«
Stephan Reiter | Geschäftsführer FC Red Bull Salzburg
»Den Aspekt der erhöhten Anzahl an Spielen gilt es sehr genau im Auge zu behalten. Die Spielanzahl und auch die Dynamik dabei haben sich in den letzten Jahren deutlich erhöht, viel Platz ist im Terminkalender nicht mehr. Für uns wird es wichtig sein, den Spagat zwischen den nationalen und den internationalen Begegnungen zu schaffen«, meint Salzburg-Geschäftsführer Reiter.
Auch die Verantwortlichen der Grazer sehen die erhöhte Belastung aufgrund der angestiegenen Spielanzahl skeptisch und fordern achtzugeben, was diese Entwicklung im internationalen Fußball betrifft. Mit der Fußball Europameisterschaft 2024 in Deutschland kamen manche Spieler des Vereins vergangene Saison auf über 50 Spiele. »Natürlich versucht man, mittels Trainings- und Belastungssteuerung sowie einem dementsprechend breiten Kader vorzusorgen. Hier können wir gut auf die Erfahrungen der letzten Jahre zurückgreifen und unser Trainerteam kann das perfekt handeln«, erklärt Schicker.
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Spannung bis unter den Weihnachtsbaum
Stichwort Europa League, diese wird ebenfalls im neuen Liga-Modus ausgetragen und deckt sich mit der Champions League. In der Conference League – mit den österreichischen Teilnehmern LASK und Rapid – gibt es ebenso die Änderung hin zur Liga. Ein nennenswerter Unterschied zu den anderen beiden Wettbewerben: Es bleibt bei sechs Spielen in der Vorrunde. Das bedeutet, dass die Vorrunde wenige Tage vor Weihnachten abgeschlossen sein wird und nicht wie Champions oder Europa League noch im Jänner 2025 weitergeht.
Bei den Spieltagen der drei Wettbewerbe gibt es außerdem Anpassungen. Zwar wird in der Champions League weiterhin zu den gewohnten Zeiten um 18.45 und 21.00 Uhr an den Tagen Dienstag sowie Mittwoch gespielt. Europa sowie Conference League werden wie gehabt donnerstags um 18.45 und 21.00 Uhr angepfiffen. Jedoch kommen auf die Zuseher nun Exklusivspieltage zu.
Das heißt, dass alle drei Wettbewerbe eine spezielle Woche für sich haben werden. In der Champions League wird es der 1. Spieltag sein, der ausnahmsweise an drei Tagen zwischen 17. und 19. September stattfinden wird. Die Europa League bekommt ebenfalls den 1. Spieltag exklusiv für sich. Dieser findet am 25. und 26. September statt. Die Conference League hingegen wird das internationale Fußballjahr im Dezember beenden. Für den 19. Dezember ist der 6. Spieltag angesetzt.
© Sebastian Atzler / SK Sturm
Prämien lassen Kassen klingeln
Neben den neuen Wettbewerbsformaten gibt es für die Vereine mehr Prämien. In der Champions League gab es in der vergangenen Saison 15,64 Millionen Euro als Startgeld. Diese Summe erhöht sich nun auf 18,62 Millionen Euro. Neu eingeführt wurde eine Platzprämie, die je nach Endplatzierung in der Tabelle bis zu 9 Millionen Euro einbringt.
Auch die Prämien in der K.o.-Phase wurden von der UEFA angehoben. Für das Erreichen des Achtelfinals gibt es beispielsweise 11 Millionen Euro, anstatt 9,6 Millionen in der Vorsaison. Schafft es ein Team ins Finale, darf es als Antrittsprämie ganze 18,5 Millionen Euro einstreifen, und muss sich nicht mehr »nur« mit 15,5 Millionen zufriedengeben. Der Gewinn des Wettbewerbs bringt zukünftig 6,5 Millionen Euro und nicht mehr 4,5 Millionen Euro wie zuletzt.
Im Wirtschaftsjahr 2022/23 konnte Sturm einen Rekordumsatz von 44,7 Millionen Euro vermelden.
»Durch unsere solide wirtschaftliche Arbeit der letzten Jahre, in denen wir in Bereichen wie Sponsoring, Ticketing oder Merchandising Rekordzahlen verbuchen konnten, stehen wir wirtschaftlich auch ohne Champions-League-Einnahmen auf sehr stabilen Beinen. Aber wir müssen kein Hehl daraus machen, dass das Startgeld der Champions League sehr guttut und von uns auch sinnvoll eingesetzt werden wird«, erläutert Thomas Tebbich, Geschäftsführer Wirtschaft des SK Sturm Graz, im Gespräch mit dem Sport Business Magazin.
© Andreas Schaad / FC Red Bull Salzburg
Rekordumsätze: Investitionen in das Trainingszentrum
Einen Teil des Startgelds will man bei den Schwarz-Weißen in kleinere Infrastruktur-Projekte investieren. Viel Eigenkapital wird in das geplante Millionenprojekt »zweites Trainingszentrum« in Graz-Puntigam fließen. Da hilft ein Geldregen wie jener in der Champions League. Im Wirtschaftsjahr 2022/23 konnte Sturm einen Rekordumsatz von 44,7 Millionen Euro vermelden, der für das Folgejahr nochmals übertroffen wird. »Die endgültigen Ergebnisse werden wir im Herbst präsentieren, aber man kann jetzt schon sagen, dass wir wohl erstmals die 50-Millionen-Marke überschreiten werden«, gibt Tebbich in die wirtschaftlichen Kennzahlen des Vereins Einblick.
Finanziell gut steht auch der zweite heimische Champions-League-Teilnehmer aus Salzburg da. Im Wirtschaftsjahr 2022/23 verbuchte der Verein einen Rekordumsatz von 186,82 Millionen Euro und einen Gewinn in Höhe von 32,2 Millionen Euro. Die Zahlen für das darauffolgende Jahr werden ebenfalls positiv sein, wie Reiter bestätigt: »Die Saison 2023/24 wird sich durch die fünfte Teilnahme an der UEFA Champions League wirtschaftlich erneut auf sehr hohem Niveau einreihen.«
© Georg Kritsch
Sportliche Erwartungen
Durch den Gegnermix aus kleinen, mittleren und großen Vereinen in der Ligaphase der Champions League ist für die österreichischen Vertreter sportlich durchaus etwas möglich. Ein Aufstieg ins Achtelfinale ist nicht ausgeschlossen. Die bereits angesprochene Play-off-Runde mit Hin- und Rückspielen nach der Ligaphase erhöht die Chancen zusätzlich. »Selbstverständlich wollen wir uns auch in diesem Bewerb bestmöglich präsentieren und nehmen – auch wenn wir als Außenseiter in jede dieser Partien gehen – jedes Spiel mit dem Ziel in Angriff, etwas mitzunehmen«, fasst Sturm-Geschäftsführer Schicker die Erwartungshaltung zusammen.
Die »Blackies« werden ihre Heimspiele nicht in Graz, sondern in Klagenfurt austragen und trotz Teilnahme an der Champions League ihren Weg – auf junge, entwicklungsfähige Spieler mit Potential setzen – weitergehen und keine »fertigen« Spieler einkaufen, wie Schicker betont.
»Wir wollen die internationale Bühne nutzen und mit unserem Salzburger Weg unsere Fans sowie die Fußballwelt begeistern.«
Stephan Reiter | Geschäftsführer FC Red Bull Salzburg
Dass man als österreichischer Klub ins Achtelfinale der Champions League einziehen kann, bewies Salzburg in der Saison 2021/22. Damals gelang hinter dem OSC Lille der zweite Platz in der Gruppe – noch vor dem FC Sevilla und dem VfL Wolfsburg. Ein konkretes Ziel gaben die Verantwortlichen diesmal nicht aus, jedoch möchte man weiterhin die großen Teams ärgern. »Wir wollen mit unserer talentierten Mannschaft die internationale Bühne nutzen und mit unserem Salzburger Weg unsere Fans sowie die Fußballwelt begeistern«, so Geschäftsführer Reiter.
Wie sich die beiden Teams schlagen werden, ist ab Mittwoch, den 18. September zu sehen. An diesem Tag startet Salzburg mit einem Auswärtsspiel gegen Sparta Prag in das neue Format, ehe am darauffolgenden Tag Sturm seine erste Champions-League-Reise seit 2001 bei Stade Brest in Frankreich antritt.