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Wrestler Daniel Prühs: »In der Szene kämpft jeder für sich, es gibt kein Miteinander« [Exklusiv]

Lesedauer: 10 Minuten

© WWA / Daniel Prühs

Daniel Prühs gehört zu den bekanntesten und erfolgreichsten Wrestlern Europas. Der Salzburger machte sich in der Szene als »Krampus« einen Namen und veranstaltet nun eigene Wrestling-Camps und Events. Ein Gespräch über das harte Wrestling-Business, lukrative Verträge in der WWE und sein Herzensprojekt.

© KK-Fotografie Steffi Biller

Die größte Wrestling-Liga der Welt – WWE – schreibt jährlich Rekordgewinne. 2023 erwirtschaftete das globale Unternehmen einen Umsatz von 1,3 Milliarden Dollar. Auch ein Österreicher ist erfolgreich vertreten. Mit 666 Tagen Titelregentschaft als Intercontinental Champion stellte Walter »Gunther« Hahn bei Wrestlemania XL einen neuen Weltrekord auf. Dennoch ist in Österreich der Mix aus Sport und Unterhaltung eine Randsportart. Ein Salzburger möchte das nun ändern: Daniel Prühs, 32, seinesgleichen erfolgreicher Wrestler und in der Szene als »Krampus« bekannt.

Während der Pandemie gründete der zweifache Familienvater seinen eigenen Verein (WWA). Seither organisiert er Wrestling-Camps und Events mit dem großen Ziel, den Sport in Österreich attraktiver zu machen. Wie das gelingen soll, erzählte uns der Pro-Wrestler im Rahmen eines ausführlichen Hintergrundgesprächs.

Daniel Prühs machte sich als »Krampus« einen Namen: »Wenn, dann gscheid und bsondas«

© KRONENZEITUNG/ Andreas Tröster

Herr Prühs, wann haben Sie zum ersten Mal Wrestling gesehen?

Als kleiner Junge habe ich ab und zu am späten Abend auf den Sportsender geschalten, wenn die Mama nicht zugesehen hat und bin so zum ersten Mal mit dem Pro-Wrestling in Verbindung gekommen. Allerdings aktiv Interesse dafür entwickelt, habe ich erst in der Hauptschulzeit Anfang der 2000er-Jahre im Alter von elf Jahren. Mein erstes TV-Match, an das ich mich bewusst erinnern kann, war Carlito gegen John Cena im Jahr 2004.

Ich bin mit 18 Jahren in die USA ausgewandert, mit dem Ziel im Wrestling Fuß zu fassen.

Wann haben Sie mit dem Wrestling begonnen?

Ich bin mit 18 Jahren in die USA ausgewandert, mit dem Ziel im Wrestling Fuß zu fassen. Ich hatte bis zu meinem 21. Lebensjahr insgesamt drei Probetrainings beim Marktführer WWE. Zu meinen Anfangszeiten bin ich als »Daniel Pruce« also mit einem »normalen« Ringnamen bei der OVW in Kentucky angetreten. Dies war damals die Ausbildungsstätte der WWE.

Danach bin ich nach England gezogen und dort als »Jack Hammer« aufgetreten. Ich trug im Ring Trachtenkleidung, um einen traditionellen Österreicher darzustellen. Allerdings gab es bereits Gimmicks im Wrestling-Business, das diesem sehr ähnelte. Mein Ziel war es, einen einzigartigen Charakter zu erfinden.

Nach meinem dritten Probetraining bei der WWE wurde ich leider nicht unter Vertrag genommen. Die Trainer empfahlen mir, nach Japan zu ziehen und noch ein Jahr Erfahrung zu sammeln. Das war ein harter Rückschlag in meiner Karriere und Auslöser für eine leichte Depression. Also beschloss ich, eine Pause vom Wrestling einzulegen.

»Ein Krampus hat Bedeutung, Tradition, Geschichte und ist eine Schreckensgestalt.«

© KRONENZEITUNG / Andreas Tröster

Wie sind Sie zu Ihrer Rolle als Krampus gekommen?

Während dieser Pause dachte ich viel über meine Zukunft nach und ich sagte mir: »Wenn, dann gscheid und bsondas«. Es gab für mich keine Kompromisse mehr, meine Karriere stand am Scheideweg. Mir war bewusst, dass ich das Talent und die Fähigkeiten besitze, mir nur noch der richtige Charakter fehlte.

Im Rahmen eines Italien-Urlaubs kam mir, als wir uns über die Adventszeit und den damit verbundenen Traditionen unterhielten, der Geistesblitz mit dem Krampus. Ein Krampus hat Bedeutung, Tradition, Geschichte und ist eine Schreckensgestalt. Das war einen Versuch wert und so ist das Anfangsstadium des Gimmicks »Krampus« entstanden.

Ich befinde mich aktuell auf meinem Karrierehöhepunkt.

Rückblickend eine richtige Entscheidung?

Ich befinde mich aktuell auf meinem Karrierehöhepunkt. Das habe ich der Positionierung als Krampus zu verdanken. Meine Rückkehr in den Ring begann bei »Unlimited Wrestling« – eine der größten Wrestling-Ligen im deutschsprachigen Raum. In der Folge kamen zahlreiche Buchungen für diverse Wrestling-Events hinzu. Die Publicity stieg rasant an, weil es damals weltweit keinen vergleichbaren Charakter gab, der diese unheimlichen, übermenschlichen Elemente hatte.

Dies war ein internationales Sprungbrett für Auftritte in Katar, Pakistan, Kanada und den USA. Ich hatte auch die Gelegenheit, mit den besten Trainern der Welt zusammenzuarbeiten und duellierte mich mit namhaften Gegnern: Eric Young, Kalisto, Nick Aldis oder mein Kindheitsidol Carlito. Würde man diese Namen mit Fußballspielern vergleichen, hätten sie zumindest schon mal in der Deutschen Bundesliga gespielt. Aktuell führe ich auch Buchungsgespräche mit etwaigen Topligen in den USA.

800 Millionen Menschen können die WWE in 28 verschiedenen Sprachen auf ihren TV- und Streaminggeräten empfangen.

© ProSieben MAXX / Clarissa Schreiner

Wie läuft ein Probetraining bei der WWE ab?

Man wird von der Firma kontaktiert, eingeflogen und manchmal auch für den Tag bezahlt – inklusive Reisekosten. Ich war zum Beispiel mit Wrestlern wie Gunther, Nick Aldis oder Dexter Lumis dort. Man bekam für die Teilnahme 300 Euro, da man im Rahmen eines Events im Catering oder als Security arbeitete. Bei den Probetrainings steht man drei Stunden unter Beobachtung. Sie prüfen Ausdauer, Beweglichkeit, Flexibilität, Kraft und Charisma, aber auch wie gut man vor Publikum reden oder gestikulieren kann – und ob man Ratschläge, die einem gegeben werden, umsetzen kann. Wenn man das Feedback nicht beherzigt oder nicht zuhört, fliegt man umgehend raus.

Wenn du ein Aushängeschild der WWE bist, verdienst du bis zu 15 Millionen US-Dollar Grundgehalt im Jahr.

Wie sieht ein WWE-Vertrag aus?

Ich kann nur aus den Erfahrungen und Zeiten sprechen, die ich während meiner Karriere in Amerika gemacht habe. Die WWE-Verträge sind sehr komplex und bei jedem Wrestler individuell, aber in unterschiedliche Kategorien unterteilt. Zu Beginn bekommst du einen Ausbildungsvertrag. Setzen sie dich bei den wöchentlichen TV-Shows wie RAW oder SmackDown ein, bekommst du circa 150.000 US-Dollar pro Jahr, ohne auch nur ein Match oder TV-Auftritt bestritten zu haben. Diese Stufe wird als »Low Card« bezeichnet.

Dann gibt es die sogenannte »Mid Card«. Wrestler in dieser Kategorie verdienen 150.000 bis 500.000 US-Dollar pro Jahr und treten im Fernsehen und im Ring auf. Allerdings spielt man bei Geschichten und Hauptmatches lediglich eine Nebenrolle.

Wenn du es im Wrestling-Business an die Spitze geschafft hast, befindest du dich in der Kategorie »Top-Card«. Wenn du ein Aushängeschild der WWE bist, verdienst du bis zu 15 Millionen US-Dollar Grundgehalt im Jahr.

Ein lukratives Business…

Dies ist aber nur das Grundgehalt. Alles, was bei der WWE zusätzlich lukriert wird, – sei es Videospiele, Merchandising oder Houseshow-Matches – wird extra ausbezahlt. So verdient ein WWE-Superstar an jedem verkauften T-Shirt ein bis zwei Prozent des Verkaufspreises. Und die WWE verkauft viele T-Shirts.

Cashcow Wrestling: Die WWE machte im Jahr 2023 einen Umsatz von 1,3 Milliarden Dollar und einen Gewinn von 205 Millionen Dollar.

© ProSieben MAXX / David Gunn

Können Wrestler gekündigt werden?

Die WWE hat das Recht, die Superstars von heute auf morgen zu kündigen. In diesem Fall wird die restliche Vertragsdauer ausbezahlt und eine 90-tägige Nichtantrittsklausel tritt in Kraft. Ein Wrestler darf somit keine Auftritte bei einer anderen Wrestling-Liga in Anspruch nehmen.

Gibt es vertragliche Unterschiede zu den kleineren Wrestling-Ligen?

Bei den kleineren Independent-Ligen wird verhandelt. Wenn du dir einen Namen gemacht hast, verdienst du 50 bis 500 Euro pro Auftritt. Zu Beginn einer Wrestling-Karriere arbeitest du allerdings umsonst, da werden lediglich die Reisekosten übernommen.

Das klingt arrogant, aber wir Wrestler setzen unsere Gesundheit nicht unnötig aufs Spiel.

Und wie sieht es bei Ihnen aus?

Ich verhandle nicht mehr, ich habe einen Fixpreis. Ich könnte theoretisch jedes Wochenende catchen, aber das mache ich aufgrund meiner Familie und der Gesundheit nicht. Bei mir liegt das Maximum bei drei Matches im Monat. Dazu muss aber auch die Größe des Events passen. Es macht mehr Sinn, vor 500 Zusehern aufzutreten als vor 200. Das klingt arrogant, aber wir Wrestler setzen unsere Gesundheit nicht unnötig aufs Spiel und arbeiten dafür mit Leidenschaft und Effizienz.

Wie antworten Sie auf die Aussage »Wrestling ist fake«?

»Fake« ist das falsche Wort. Es ist nicht fake, dass du deinen Rücken auf den Boden schmeißt. Es ist nicht fake, dass du eine auf die Schnauze bekommst. Es ist nicht fake, dass du in die Ringseile läufst, die höllisch wehtun. Es ist nicht fake, die blauen Flecken und Verletzungen, die du davonträgst und mitunter lebensgefährlich sein können.

Es ist zwar ausgemacht, wer gewinnt oder verliert, aber wir sind ein Unterhaltungsgeschäft. Ich ziehe gern den Vergleich zu Stuntmen, die sich auch bei ihren Szenen verletzen oder Blessuren davon tragen können, obwohl genau das vermieden werden soll. Beim Wrestling gilt das oberste Gebot, deinen Gegner nicht zu verletzen.

Weltstars wie Santino Marella haben mehr Zugkraft, kosten aber deutlich mehr als 500 Euro.

© WWA / Daniel Prühs

Sie haben im Jahr 2020 ein Projekt ins Leben gerufen, mit dem Sie das Pro-Wrestling in Österreich attraktiver machen wollen. Sie haben einen eigenen Verein (WWA) gegründet, organisieren Wrestling-Camps und sorgen für ausverkaufte Catch-Events. Wie kam es dazu?

Als Kind hatte ich nie wirklich die Möglichkeit, das Pro-Wrestling zu erlernen. Es gab eine Schule in Wien, die unprofessionell aufgebaut war. Man durfte nur auf Matten trainieren, ein Ring war nicht vorhanden. In Amerika ist das ein anderes Kaliber. Dort hatte ich sofort ein anderes Bild vom Wrestling. Ich will Menschen, die den Pro-Wrestling-Sport lieben oder ausüben wollen, meine Erfahrungen weitergeben, ohne dass sie dafür in die Staaten auswandern müssen.

Mir ist es sehr wichtig, internationale Superstars zu holen, die auch bei der WWE oder TNA waren.

Wie stellen Sie Ihre Events auf die Beine?

Ich kümmere mich grundsätzlich allein um die Veranstaltungsorganisation. Zunächst muss die Location für das Event bei der zuständigen Gemeinde reserviert werden. Danach gilt es, die Hauptakteure, die Wrestler, selbst zu buchen – 14 bis 18 Personen pro Show. Sie benötigen Flugtickets, Taxis und eine Unterkunft. Zusätzlich braucht es Personal für den Auf- und Abbau, die Gastronomie, das Licht, den Ton, und so weiter. Es sind viele Aspekte, die einiges an Geld kosten.

© KRONENZEITUNG / Andreas Tröster

Was zeichnet Ihre Wrestling-Events aus?

Manche heimische Promotionen veranstalten ihre Events nach dem Low-Budget-Konzept in einer Turnhalle mit Musik, Ring und günstigen Wrestlern. Auf diesen Zug spring ich nicht auf. Mir ist es sehr wichtig, internationale Superstars zu holen, die auch bei der WWE oder TNA waren. Der Showfaktor ist für mich unverzichtbar. Das gehört zum Entertainment des Sports einfach dazu. Weltstars wie Santino Marella haben beispielsweise mehr Zugkraft, kosten aber deutlich mehr als 500 Euro.

Mein Wunsch ist es, das Wrestling attraktiv und zugänglich zu gestalten.

Von welcher Summe sprechen wir hier für eine Veranstaltung?

Meine Ausgaben belaufen sich pro Event auf 15.000 bis 20.000 Euro. Eine Low-Budget-Show würde mich vergleichsweise nur knapp die Hälfte kosten.

Machen Sie mit Ihren Events Gewinn?

Ich mache keinen Gewinn und will bewusst die Preise nicht erhöhen. Mein Wunsch ist es, das Wrestling attraktiv und zugänglich zu gestalten. Wenn die Tickets über 80 Euro kosten, bleiben die Zuschauer aus. Für Personen, die diesen Sport nicht aktiv verfolgen, wären solche Summen einfach zu hoch.

Um finanziell gut auszusteigen, ist die Suche nach Sponsoren essenziell, denn Eintrittskarten allein reichen nicht als Einnahmequelle, egal ob die Veranstaltung ausverkauft ist oder nicht.

»Es ist wichtig, die nächste Generation zu fördern, ansonsten ist Wrestling in Österreich vom Aussterben bedroht

© WWA / Daniel Prühs

Wie sieht die Situation bei Ihren Wrestling-Camps aus?

Mit den Wrestling-Camps verdiene ich Geld, um meine Events zu finanzieren. Gleichzeitig kann ich meinen Schülern etwas beibringen. Viele Talente haben nicht den finanziellen Background, um ihr volles Potenzial zu entfalten. Mein Camp dauert zehn Stunden und kostet aktuell 75 Euro. Wenn man sich das pro Stunde herunterrechnet, sind das 7,50 Euro. In welcher Sportart kriegst du heutzutage eine Trainingsstunde für diesen Preis?

Welche Anlaufstellen gibt es in Österreich, um professioneller Wrestler zu werden?

Einen Verband gibt es nicht. In Österreich existieren neben meinem eigenen lediglich zwei weitere Vereine: einer in Leoben und einer in Wien. Die Trainingsqualität ist aber eine andere als bei mir. Dort wrestlen maximal drei bis vier Anfänger, der Rest sind alles tourende Profis. Als Verein finanzierst du dich über Mitgliedsbeiträge und Sponsoren. Weitere Anlaufstellen gibt es nicht.

Leider kämpft in der Szene jeder für sich, es gibt kein Miteinander. Deshalb will ich hier etwas verbessern. Es ist wichtig, die nächste Generation zu fördern, ansonsten ist Wrestling in Österreich vom Aussterben bedroht.

Herr Prühs, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

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