Zwischen Traum und Realität: Der harte Weg zum Fußballprofi [Exklusiv]

Lesedauer: 6 Minuten

© Andreas Schaad / Red Bull Salzburg

Konkurrenzdruck, Selbstzweifel und ständige Erwartungen – der Weg zum Profifußball ist steiniger, als viele vermuten. Bei Red Bull Salzburg wird Nachwuchsförderung auf höchstem Niveau betrieben, doch der wahre Kampf beginnt oft abseits des Spielfelds. Wie junge Talente mit Rückschlägen umgehen und welche Rolle Mentaltrainer Wolfgang Seidl dabei spielt.

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Der FC Red Bull Salzburg schaffte es in dieser Saison bis ins Halbfinale der Champions League – im Nachwuchsbereich. In der UEFA Youth League sind die Salzburger Nachwuchskicker seit fast einem Jahrzehnt vertreten. Der Serienmeister aus der Mozartstadt konnte diesen Bewerb 2017 sogar gewinnen. Das zeigt, dass die Entwicklungsarbeit Früchte trägt. Doch wie geht es dem Individuum, dem Kicker von morgen? Welche Hürden ein Teenager auf dem Weg zum Profifußballer nehmen muss, welche Rolle die mentale Komponente spielt und welche Tools hilfreich sind, erklärt uns Mentalcoach Wolfgang Seidl.

© Jasmin Walter / Red Bull Salzburg

Interner Konkurrenzkampf

Die Teenagerjahre markieren den Übergang vom Kindsein ins Erwachsenenleben – eine Zeit, in der viele beginnen, über ihre Zukunft nachzudenken. Für einen Akademiespieler im Alter von etwa 15 Jahren steht diese Frage jedoch oft nicht im Vordergrund, denn er verfolgt mit großer Entschlossenheit seinen Traum: Profifußballer zu werden. Doch früher oder später holt die Realität jeden ein – und mit diesem Traum ist man selten allein. Junge Fußballtalente müssen hart arbeiten, um sich gegen starke Konkurrenz durchzusetzen und ihre Ziele zu erreichen, denn die Herausforderungen auf dem Weg zum Profi sind zahlreich und anspruchsvoll.

Viele Talente träumen davon, der nächste Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi zu werden – der interne Konkurrenzkampf ist die größte Hürde. »Den größten Talenten wird es oft schwer gemacht«, erklärt Mentaltrainer Seidl. Beispiel Red Bull Salzburg: Obwohl Spieler wie Xaver Schlager oder Nicolas Seiwald den Sprung ins Ausland geschafft haben, wurden in den letzten Jahren viele Talente aus dem Ausland zugekauft. Das Haifischbecken ist voll – nur die Besten setzen sich durch.

»Die Gewöhnung an die Löwengrube ist wichtig, um sich durchzusetzen.«

Laut dem Experten für mentale Stärke und Herzintelligenz ist diese Hürde komplexer, als im Training der Konkurrenz leistungsmäßig einen Schritt voraus zu sein. »Auch ältere Spieler fühlen sich oft bedroht, wenn ein Junger zur Konkurrenz wird. Im Fußball fällt das nicht sofort auf«, so Seidl. Dabei werden Tricks angewandt, etwa ein bewusst schwer gespielter Pass, der »den jungen Kicker blöd ausschauen lässt«.

In solchen Situationen gilt es, die Persönlichkeit des Spielers zu stärken. »Gerade am Anfang ist man brav und versucht, es allen recht zu machen. Die Gewöhnung an die Löwengrube ist wichtig, um sich durchzusetzen«, erklärt der Mentaltrainer. Eine hilfreiche Methode ist es, sich der eigenen Stärken bewusst zu werden, um Selbstvertrauen zu gewinnen.

Ein effektives Tool sind laut Seidl bewusst geführte Selbstgespräche. In herausfordernden Situationen gerät man leicht in eine Negativspirale. Jede Aktion und die eigene Person werden hinterfragt. Selbstgespräche stärken das Selbstbewusstsein und helfen, wieder lösungsorientiert zu handeln.

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Kommunikation mit Trainern und Betreuern

Eine weitere Herausforderung stellt der Umgang mit Trainern und dem Betreuerstab dar. In Nachwuchsakademien sind die Strukturen vertraut, und regelmäßiges Feedback gehört zum Alltag. Im Profifußball hingegen gestaltet sich die Kommunikation oft deutlich schwieriger. Prominente Beispiele hierfür sind Luis Suárez unter Ronald Koeman oder Bastian Schweinsteiger unter José Mourinho: Beide erhielten in ihrer aktiven Zeit als Profis ohne nähere Begründung die Mitteilung, nicht mehr eingesetzt zu werden.

»Es gibt Trainer, die kein Feedback geben oder nicht erklären wollen, warum man nicht im Kader ist. Für junge Spieler ist das schwer nachvollziehbar«, sagt Seidl. Er empfiehlt, aktiv auf Trainer zuzugehen und Feedback einzufordern – auch von Videoanalysten oder Betreuern.

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Kampf in die erste Mannschaft

Hat der Verein Erfolg, bleibt die Startelf oft unverändert. Neue Spieler haben es schwer, in den Kader zu kommen. Das führt zu Motivationsproblemen: »Es ist frustrierend, wenn du im Training alles gibst und bereits am Montag weißt, dass du Samstag nicht spielst. Immer wieder. Dass das innere Feuer dann noch brennt, ist schwer«, so Seidl.

Um die Motivation aufrechtzuerhalten, rät er, langfristige Ziele im Blick zu behalten und sich im Training zu fragen: »Wie kann ich mich verbessern?« Fußball besteht zu 90 Prozent aus Training – also auch zu 90 Prozent aus Möglichkeiten zur Weiterentwicklung. Im Idealfall wird der Fortschritt in Trainingstagebüchern festgehalten.

Der innere Antrieb ist essenziell. Karrierepläne, Leistungsdruck, Geld und Ego beeinflussen den Charakter. Dabei kann die Leidenschaft verloren gehen. »Viele junge Profis vergessen, warum sie überhaupt Fußball spielen. Sie passen sich zu schnell an das System an und verlieren die Freude. Dann hilft es, sich an die Kindheit zu erinnern – an die Zeit, als Fußball Spaß gemacht hat«, erklärt Seidl. »Wie cool ist es, Profi zu sein? Davon hat man als Kind geträumt.«

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Altersgrenze für den Sprung zum Profi

Ab einem gewissen Alter stellt sich die Frage: »Werde ich je Profifußballer? Und wenn nicht – was dann?« In Idealvorstellungen sollte man mit 18 Profi sein – ein Anspruch, den nicht jeder erfüllt. Der Druck, eine Alternative zu finden, ist enorm. Es gibt zwei Optionen: den Traum aufgeben oder bis etwa zum 25. Lebensjahr alles versuchen. »Man muss Ziele verfolgen, hart arbeiten und mehr tun als andere. Es geht um inneren Antrieb und Überwindung«, sagt Seidl.

»Man muss sich fragen: Was kann ich? Worauf kann ich vertrauen?«

Auch Fehler gehören zum Spiel. Schlechte Pässe, verlorene Zweikämpfe, Schüsse ins Aus – alles normal. Doch die Kritik von Trainern, Mitspielern oder Medien nagt am Selbstvertrauen. Die Angst, Fehler zu wiederholen, wächst. Eine Negativspirale droht.

»Man muss sich fragen: Was kann ich? Worauf kann ich vertrauen?« erklärt der Mentaltrainer. Positiv geführte Selbstgespräche unterstützen. Auch Atemtechniken sind sinnvoll: »Druck erzeugt Stress und Anspannung. Atemtechniken regulieren den Körper und lösen Verspannungen. Auch der Herzschlag wird beruhigt – wichtig, um im Wettkampf die Ruhe zu bewahren.« Meditation hilft, Gedanken in Drucksituationen zu erkennen und sich zu fokussieren.

© Andreas Schaad / Red Bull Salzburg

Arbeit mit einem Spezialisten

Hilfe anzunehmen fällt jungen Spielern schwer. Die Arbeit mit einem Mentaltrainer verlangt Offenheit. »Es braucht Vertrauen. Am Anfang ist es für den Spieler schwer, sich zu öffnen – aber das kommt mit der Zeit«, sagt Seidl. Als Coach liefert er Tools und Inputs, fördert Reflexion und Austausch – idealerweise wöchentlich. Ein Perspektivenwechsel kann ebenfalls helfen. Akademien sind strukturell oft ähnlich. Manchmal ist es schlicht »die falsche Zeit am falschen Ort«.  

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