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Sportgroßevents: Der vermeintliche Kassenschlager [Exklusiv]

Lesedauer: 7 Minuten

© Upper Austria Ladies Linz

Sportliche Großereignisse wie Welt- und Europameisterschaften mobilisieren die Massen und sorgen für Euphorie im Land. Nicht selten enden sie in rote Zahlen. Wie Großveranstaltungen im Sport wirtschaftlich erfolgreich werden.

© Joerg Mitter / Red Bull Content Pool

Geld regiert die heimischen Sportgroßevents

Wann wird eine Sportgroßveranstaltung für den Veranstalter und die austragende Region zum Erfolg? Je nach Definition und Erwartungshaltung kann Erfolg unterschiedlich gemessen werden. Erfolg kann sein, wenn heimische Athleten durch gute Leistungen Werbung für das eigene Land machen, durch das Event das Image einer Stadt oder Region aufgebessert wird oder auch der gesamte Organisationsablauf vorbildlich funktioniert. Doch der Erfolg von Sportgroßveranstaltungen hängt insbesondere vom erzielten Umsatz ab. Geld regiert nicht nur die Welt, sondern auch Sportevents. Wenn in Österreich Welt- oder Europameisterschaften im alpinen Skisport oder im Beachvolleyball stattfinden, dann wollen in der Regel nicht nur die Veranstalter finanziell profitieren, sondern auch die jeweiligen Austragungsorte erhoffen sich positive wirtschaftliche Effekte. Mit Events dieser Größenordnung sind große Mengen an Touristen zu erwarten, die aufgrund ihres Fandaseins den Athleten folgen, Hotelzimmer buchen und in der Gastronomie konsumieren, also Geld in die Region bringen.

Welche Voraussetzungen es braucht, damit Sportgroßveranstaltungen positive Effekte auf die Regionalwirtschaft und den Tourismus erzielen, das haben Ökonomen des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) kürzlich für einen ihrer Monatsberichte untersucht. Aus den Untersuchungen wird ersichtlich, dass es nicht die eine Zauberformel gibt, mit der ein Erfolg garantiert werden kann, es jedoch so manche Dos and Don’ts gibt, die man als Veranstalterregion beachten sollte.

© Saalfelden Leogang / moritz-ablinger.com

Groß, größer, Großveranstaltung?

Eine exakte Definition, was eine Sportgroßveranstaltung von einem »normalen« Sportevent abhebt, gibt es nicht. Es liegen keine einheitlichen Standards vor, aber es gibt ein paar Faktoren, die zutreffen müssen. »In Österreich kann man als ›Richtschnur‹ auf legislativer Ebene das Sicherheitspolizeigesetz heranziehen«, erklärt Anna Kleissner, Inhaberin von Econmove und Vorsitzende der Breitensportkommission. »Es liegt eine Sportgroßveranstaltung vor, wenn ein Sportevent an verschiedenen Veranstaltungsorten stattfindet und eine internationale Dimension aufweist. In allen übrigen Fällen hängt die Qualifikation als Sportgroßveranstaltung von einer Einzelfallprüfung durch die Sicherheitsbehörde ab, wobei vor allem die erwartete Besucherzahl ausschlaggebend ist«, so die Sportökonomin mit Bezug auf das Sicherheitspolizeigesetz. Als Referenzwert gilt die Besucherzahl von 3.000 Personen. Andere relevante Kriterien sind das Fassungsvermögen der Veranstaltungsstätte und die voraussichtliche Anzahl von benötigten Sicherheitsorganen. So kann beispielsweise ein Stadtderby, bei dem weniger als 3.000 Zuseher zu erwarten sind, ebenfalls als Sportgroßveranstaltung gelten.

»Das üblicherweise größte Umsatzvolumen geht von den touristischen Ausgaben aus.«

Eine genaue Quantifizierung, wie viele Sportgroßveranstaltungen jährlich in Österreich stattfinden, ist kaum möglich. »Neben den Einnahmen und Ausgaben des Veranstalters, dem Veranstaltungsbudget, sind noch zwei weitere Wirkungskanäle zu berücksichtigen«, betont Kleissner. Der eine Kanal ist das Investitionsbudget, welches die Investitionen des Veranstalters, aber auch Investitionen von Gebietskörperschaften oder auch Privaten umfasst, und der andere Kanal betrifft das touristische Aufkommen. »Das üblicherweise größte Umsatzvolumen geht von den touristischen Ausgaben aus – sowohl von Übernachtungsgästen als auch Tagesgästen«, so die Expertin. Wiederkehrende Sportgroßveranstaltungen der Dimension EM oder WM sind in Österreich eher die Ausnahme – und wie hoch der Umsatz ausfällt, hängt stark mit der Sportart zusammen. Somit können Umsatzerlöse von Sportgroßveranstaltungen nicht direkt verglichen werden. So hatte die einen Monat andauernde Fußballeuropameisterschaft der Herren im Jahr 2008 mit ihren Austragungsorten in Wien, Salzburg, Innsbruck und Klagenfurt beispielsweise einen größeren wirtschaftlichen Impact als die zwölftägige Biathlon-Weltmeisterschaft 2017 in Hochfilzen.

© GEPA pictures / Red Bull Content Pool

Rahmenprogramm als zusätzlicher Magnet

Um mögliche Sportgroßveranstaltungen zu legitimieren, werden im Vorfeld gerne Auftragsstudien (Ex-ante-Wirkungsanalysen) durchgeführt. Damit sollen positive wirtschaftliche Effekte hervorgehoben werden. Nur werden die Wirkungen oftmals überschätzt. Bei vielen Veranstaltungen wird im Nachhinein (Ex-post) festgestellt, dass die Investitions- und Veranstaltungskosten deutlich höher waren als vor dem Event angenommen. Diesen Umstand merken die Ökonomen Oliver Fritz vom WIFO und Matthias Firgo von der Hochschule München in ihrem Beitrag »Regionalwirtschaftliche und touristische Effekte von Sportgroßveranstaltungen« in den WIFO-Monatsberichten 7/23 an. Die Autoren nennen darin einige Fehlinterpretationen, die oftmals vor Großveranstaltungen gemacht werden. Es sind beispielsweise Faktoren wie die Nichteinbeziehung der Verdrängung der Ausgaben der lokalen Bevölkerung oder ökonomische Nullsummenspiele wie Nächtigungszahlen, die zwar im Austragungsort steigen, jedoch in anderen Regionen in der Umgebung durch die Veranstaltung sinken. Auch die Verschiebung von Ausgaben ist zu nennen. Hierbei geht es um Aktivitäten in der Region, wie zum Beispiel den Ausbau einer Bahnstrecke, die auch in absehbarer Zeit ohne die Sportgroßveranstaltung passiert wären, die zu wenig beachtet oder fehlinterpretiert werden.

»Meist ist es eine politische Entscheidung, dass man ein Event austragen möchte. Dafür benötigt man Argumente.«

»Meist ist es eine politische Entscheidung, dass man ein Event austragen möchte. Dafür benötigt man Argumente, um die Austragung und damit verbundenen öffentlichen Ausgaben zu rechtfertigen beziehungsweise die Bevölkerung vom Nutzen dieser zu überzeugen«, erläutern Fritz und Firgo auf Anfrage des Sport Business Magazin. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis führt dabei oftmals zu falschen Ergebnissen bei den politischen Entscheidungsträgern. »Die Frage ist, wie es zu diesen politischen Entscheidungen kommt. Einerseits ist das häufig Resultat falscher Einschätzungen. Andererseits gibt es auch Nutznießer wie Sportverbände, die durch neue Infrastruktur, Einnahmen und Aufmerksamkeit profitieren«, so die Ökonomen. Medienwirksame Auftritte von Politikern sind ebenfalls nicht zu unterschätzen. Diese wünschen sich Aufmerksamkeit, um durch die Präsenz bei Sportgroßveranstaltungen an den Wahlurnen zu profitieren.

Wo Sportgroßveranstaltungen stattfinden, ist ein dichtgedrängtes Rahmenprogramm zumeist nicht weit entfernt. Konzerte, Partys oder kulturelle Angebote sollen zusätzlich für Abwechslung und Zerstreuung bei den Besuchern sorgen. Manche Gäste nutzen auch das sportbezogene Rahmenprogramm, besuchen beispielsweise eine Public-Viewing-Veranstaltung in der Region, ohne überhaupt Eintrittskarten für die nebenan stattfindende Sportveranstaltung zu haben. »Public Viewing im Zuge von Sportgroßveranstaltungen ist wissenschaftlich bereits detailliert analysiert worden. Auch wenn ein direkter Besuch der Veranstaltung mangels Tickets nicht möglich ist, nehmen einige Fans die Anreise in Kauf, um das Flair, die Stimmung vor Ort bei derartigen Side-Events zu genießen«, erklärt Kleissner die Relevanz eines Rahmenprogramms. 

© Upper Austria Ladies Linz

Werbefaktor Klimaschutz

Ein Beispiel, wie ein Rahmenprogramm Menschen anziehen kann und dadurch positive wirtschaftliche Effekte entstehen, sind die jährlichen Hahnenkammrennen in Kitzbühel. Viele Zuseher sind an den prominenten Gästen interessiert und reisen deshalb an diesem Wochenende nach Kitzbühel, um dort die Promi-Partys zu besuchen oder, wenn es das nötige Kleingeld nicht erlaubt, aus der Nähe zu bestaunen. Ein Rahmenprogramm ist zumeist für alle Gäste da, für manche aber relevanter als für andere. Beispielsweise kann das Programm für mitreisende Freunde oder Familienmitglieder von Bedeutung sein, die aber nicht die Sportveranstaltung besuchen möchten. »Diese so genannten Crowding-in-Effekte können bei entsprechendem Rahmenprogramm zu positiven touristischen Effekten führen«, erläutert Kleissner.

»Wenn ein direkter Besuch der Veranstaltung mangels Tickets nicht möglich ist, nehmen einige Fans die Anreise in Kauf, um die Stimmung vor Ort zu genießen«

Neben dem Rahmenprogramm ist es der Klimaschutz, der immer zentraler in den Mittelpunkt rückt und bedeutend für das Image eines Events sein kann. Viele Veranstalter nutzen ihre »grüne Veranstaltung« für die Kommunikation und Bewerbung. So wurde bei der diesjährigen Verleihung des #VICTOR2023 – Österreichs Sport Business Preis – das Upper Austria Ladies Linz in der Kategorie Sport & Klimaschutz für seine Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Das Tennisturnier ist nicht nur die größte Frauensportveranstaltung in Österreich, sondern auch das größte grüne Sportevent im Land.

© Markus Berger / Red Bull Content Pool

Gewinnerevents und Gewinnerregionen

Welche Regionen haben in Österreich von Sportgroßveranstaltungen durch so genannte »Legacy-Effekte« nachhaltig profitiert?  Dauerhaft können den Regionen Saalfelden Leogang oder Schladming hervorgehoben werden. Sei es durch alpine Skiweltmeisterschaften oder große Mountainbikeveranstaltungen. »Nachhaltig wirksam konnten sich aber auch Regionen in Niederösterreich und dem Burgenland, als Standorte für Fußballtrainingslager im Sommer positionieren«, so Kleissner. Diese Beispiele zeigen, es braucht nicht zwingend eine Sportgroßveranstaltung, um vom Sport finanziell profitieren zu können.

In Österreich fehlt es jedoch noch an einer systematischen Datensammlung und Bewertung von Sportgroßveranstaltungen, die zeigt, welche Events als Erfolg zu bewerten sind und bei welchen es nicht so gut funktionierte. »Die kurz-, mittel- und langfristigen Effekte werden nirgendwo systematisch ausgewiesen. Im Sinne einer zielgerichteten Förderpolitik wäre dies wünschenswert, um die Gelder auf jene Veranstaltungen mit dem höchsten ökonomischen, touristischen, Imagewert zu konzentrieren«, regt Kleissner das Sportministerium an, sich für eine Datensammlung einzusetzen.

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