© Tour of Austria / EXPA Pictures
Unter dem Namen »Tour of Austria« feiert Österreichs größte Radsport-Veranstaltung am 2. Juli 2023 nach drei Jahren Pause ihr Comeback. Als Organisatoren fungieren erstmals die fünf größten heimischen Teams. Vor dem Start haben wir mit Tourdirektor und Tirol KTM Cycling Team-Gründer Thomas Pupp über Herausforderungen, Werbewerte in Millionenhöhe und ungesunde Strukturen gesprochen.
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Mehr InformationenHerr Pupp, nach dreijähriger Pause kehrt die Österreich-Radrundfahrt unter neuem Namen mit fünf Etappen zurück. Welche Bedeutung hat die Tour of Austria für den nationalen und internationalen Radsport?
Für den Radsport in Österreich eine enorm große – sie ist mit Abstand die größte Radsport-Veranstaltung des Landes. Junge Fahrer haben beispielsweise die Chance, sich für große Teams zu empfehlen. Die Bedeutung der Tour of Austria – zuvor Österreich-Radrundfahrt – reicht weit über den Sport hinaus: sie ist die attraktivste Sightseeing-Tour Österreichs. Es gibt kaum eine bessere Sportveranstaltung, um die Schönheit unseres Landes zu zeigen. Wir bieten eine perfekte Plattform für Österreich und den gesamten Radsport.
Das gesamte Budget beläuft sich auf circa 1,5 Millionen Euro.
Der Zusammenschluss der fünf größten Teams ist ein Novum im österreichischen Radsport. Wie kam es dazu und welche Vorteile erhoffen Sie sich dadurch?
Es war eine Notwendigkeit. Wir sind zwar alle Einzelkämpfer, aber ohne Team kommt man auch hier nicht weit. Darum haben wir uns überlegt, wie wir die Rundfahrt neu aufsetzen könnten, denn gemeinsam ist man bekanntlich stärker. Wir wagten den Versuch und wenige Wochen später meldete sich Wolfgang Konrad bei uns – das war eine großartige Geschichte. Mit seiner Unterstützung wussten wir, dass wir das hinbekommen.
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Stichwort Wolfgang Konrad: Welche Rolle spielt die Beteiligung der VCM-Group und inwiefern kann die Tour von der langjährigen Expertise des Vienna City Marathon-Geschäftsführers profitieren?
Ich bin ein Mensch, der sich an reale Fakten hält. Ich kenne Wolfgang schon sehr lange und finde es großartig, was er aus dem Vienna City Marathon gemacht hat: die größte Sportveranstaltung unserer Republik. Wir sind ständig im Austausch und profitieren voneinander. Die Herausforderungen und Probleme sind ähnlich: Streckenposten, Abrechnungen, Sponsorenzugänge, Umgang mit der Exekutive und vieles mehr. Im Grunde ist es egal, ob ich laufe oder mit dem Rad fahre, wenn man sich mit einer Veranstaltung in einer gewissen Größe im öffentlichen Raum bewegt, sind meist ähnliche Hürden zu nehmen. Wir sind sehr froh, dass Wolfgang mit an Bord ist.
Den wirtschaftlichen Höhepunkt erreichte die Tour 2011 mit einem Werbewert in der Höhe von 5,5 Millionen Euro.
Wer sind die Gründer der Tour of Austria GmbH?
Die Vertreter der österreichischen Continental Teams: Tirol KTM, Vorarlberg, Felbermayr Simplon Wels, Hrinkow Advarics und WSA KTM Graz sowie VCM-Geschäftsführer Wolfgang Konrad.
Die Österreich-Radrundfahrt findet erstmals unter dem Titel »Tour of Austria« statt. Welchen Hintergrund hat die Namensänderung?
Die Österreich-Rundfahrt hat bis 2019 immer mehr an internationaler Bedeutung gewonnen. Einige Partner und Sponsoren gaben den Anstoß, der Rundfahrt einen neuen Anstrich zu verpassen – so entstand die Tour of Austria. Wir haben mit Einführung des Namens eine neue Corporate Identity entwickelt und eine neue Website veröffentlicht.
Auch wenn es ein neuer Name ist, bleibt die DNA die gleiche: die schönste Sightseeing-Tour und die wichtigste Plattform im österreichischen Radsport zu sein. Wir sind demütig und uns der Verantwortung bewusst, dass wir ein Produkt mit jahrzehntelanger Tradition neu aufrollen.
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Wie hoch ist das Budget der Tour?
Das gesamte Budget beläuft sich auf circa 1,5 Millionen Euro. Hier sind alle monetären Mittel und Sachleistungen inkludiert.
Erfolgreiche heimische Sportgroßveranstaltungen wie der Vienna City Marathon generieren regelmäßig zweistellige Millionenbeträge an Umsatz und sorgen für sechsstellige Nächtigungszahlen. Welche wirtschaftlichen Effekte erhoffen Sie sich durch die Tour of Austria?
Den wirtschaftlichen Höhepunkt erreichte die Tour 2011 mit einem Werbewert in der Höhe von 5,5 Millionen Euro. In den letzten Jahren bewegte er sich bei unter drei Millionen. Unser Ziel ist es, den letzten Wert zu toppen.
Für einen Etappensieg bekommt man 2.880 Euro und für den Gesamtsieg 7.650 Euro.
Wie soll das gelingen?
Die Möglichkeiten sind heute besser als vor zehn Jahren. Wir haben durch Streaming die Chance, ein internationales und größeres Publikum zu erreichen. Damit geht eine enorme Wertschöpfung und wirtschaftliche Effekte einher. Durch unsere Bilder finden Fans Gefallen an unseren Straßen und wollen diese auch befahren. Darüber hinaus kurbeln wir die Radindustrie an.
Mit ServusTV, ORF und K19 sind starke Medienpartner mit an Bord. Welche Bedeutung hat die Mediencoverage für die Tour?
Die Medialisierung ist sehr wichtig, ohne Mediencoverage würde es nicht gehen. Für das erste Jahr müssen wir uns nicht verstecken. Es freut uns, dass der ORF erneut dabei ist. Später folgte ServusTV, was ein interessantes Signal ist.
K19 ist der Host-Broadcaster und produziert die gesamte Rundfahrt. Das Signal übernimmt beispielweise ServusTV und streamt dieses digital aus. Auch mit den Bundeszeitungen haben wir starke Partner. Vor kurzem haben wir eine Kooperation mit Radsport-News abgeschlossen – die größte Online-Radsport-Plattform in Deutschland –, die uns mit Eurosport vernetzen. Auch mit Pro-Cycling-Stats, der führenden Statistik-Plattform im Radsport, konnten wir eine Kooperation in Form eines Live-Tickers abschließen.
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Wie viel Preisgeld wird an die 133 Fahrer aus 19 Teams ausgeschüttet?
Über 60.000 Euro. Für einen Etappensieg bekommt man 2.880 Euro und für den Gesamtsieg 7.650 Euro.
Gibt es für die Träger der fünf »Führungstrikots« Sonderprämien?
In der Gesamtwertung bekommen die Träger der Trikots 500 Euro.
Werden auch Prämien ausgeschüttet, wenn man ein Trikot nur über eine Etappe trägt?
Für das Tragen der Trikots über eine Etappe sind keine Prämien vorgesehen. Preisgelder gibt es für die ersten 20 Fahrer der Etappenwertung. Für einen Etappensieg bekommt man 2.880 Euro, der 20. bekommt lediglich 75 Euro. Für das Gesamtklassement werden ebenfalls Prämien ausgeschüttet.
Die Tour verläuft über eine Strecke von 807,7 Kilometer und umfasst 11.618 Höhenmeter.
Die Tour führt in fünf Etappen von Vorarlberg nach Niederösterreich. Nach welchen Kriterien wurden diese ausgesucht – und warum »nur« fünf?
Die Etappen wurden nach unseren Erfahrungen und bestehenden Kontakten zu den jeweiligen Regionen ausgesucht. Die Tour verläuft über eine Strecke von 807,7 Kilometer und umfasst 11.618 Höhenmeter.
Die Rundfahrt startet mit der ersten Etappe in Dornbirn. Weiter geht es in Etappe zwei von St. Anton nach Innsbruck. Etappe drei verläuft von Sillian über den Großglockner nach St. Johann Alpendorf. Von hier geht es in der vierten Etappe nach Steyr. Die letzte Etappe verläuft von Ybbs auf den Sonntagberg. Es stand auch eine sechste Etappe zur Diskussion, aber wir haben aus organisatorischen Gründen beschlossen, dass fünf reichen.
Ein Zeitfahren wurde nicht integriert?
Nein, vielleicht nächstes Jahr. Zeitfahren ist für die großen Teams kein Problem. Das Team INEOS verfügt beispielsweise über 100 Mitarbeiter und ein Budget von 50 Millionen Euro. Ein Continental Team hat hingegen zwischen 250.000 und 500.000 Euro zur Verfügung. Das sind die unterschiedlichen Dimensionen, in denen wir uns bewegen.
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Wie viel kostet eine Etappe für eine Tourismusregion?
Wir haben verschiedene Kooperationen mit den Regionen. Je nach Start- und Zielort sowie der damit verbundenen Aufmerksamkeit variieren die Preise.
Wie hoch ist das durchschnittliche Budget eines teilnehmenden Teams?
Wir haben vier World-Teams am Start: mit UAE und INEOS die zwei größten und finanzstärksten. Beide haben ein Budget von 40 bis 50 Millionen Euro. UAE ist beispielweise im Besitz einer Scheichfamilie aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Ihnen gehört auch die Marke Colnago und der englische Spitzenklub Manchester City.
Andere Profiteams verfügen über ein Budget von zehn Millionen Euro. Wie die Zahlen eindrucksvoll zeigen, herrschen im Markt ungesunde Strukturen. Die einen Teams verpflichten die größten Fahrer und gewinnen alles – und andere sind froh, wenn sie einen kleinen Teilerfolg feiern können.
Das Team INEOS verfügt beispielsweise über 100 Mitarbeiter und ein Budget von 50 Millionen Euro.
Wie groß sind die jeweiligen Teams – inklusive Trainer, Betreuer, Mechaniker und so weiter?
Bei den großen Teams sind es bis zu 100 Personen, also eine Größe eines mittelständigen Unternehmens. Wir haben bei unserem Tirol KTM Cycling Team einen Kader von 14 Fahrern und sieben Betreuer.
Gibt es bereits Pläne und Ideen für die nächste Ausgabe der Tour of Austria?
Pläne und Ideen gibt es, aber im Moment freuen wir uns auf den Start und hoffen, dass alles gut über die Bühne geht. Danach wird man sich Gedanken über die Fortsetzung machen.
Herr Pupp, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.