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Nasser Al-Khelaifi: Der Mann mit dem fremden Geld

Vom Sohn eines Perlenfischers zum Fußballmagnaten: So geht die Legende vom Aufstieg des Nasser Al-Khelaifi, 49, Präsident und Vorstandsboss des Fußballklubs Paris Saint-Germain. Wie der Katari zu einem der einflussreichsten Menschen im Weltfußball wurde.
Lesezeit: 9 Minuten
Foto: PSG

Kein Land betreibt Sportswashing so konsequent wie der 2,9 Millionen Einwohner Staat Katar. In dem Ausmaß und mit dieser strategischen Zielrichtung hat sich bislang noch kein Staat des Sports bedient. In Katar geht Sportswashing mit der Transformation des ganzen Staates, vor allem der Infrastruktur und der ökonomischen Einnahmequellen, einher. Unter Sportswashing versteht man das Ziel, das eigene Ansehen durch das Ausrichten von Sportveranstaltungen zu verbessern. So soll der Fokus auf den Sport gelenkt werden, von den Missständen ablenken und die Herrschaft stärken. Durch die Investitionen in die einst als unislamisch verpönte Sportbranche erhoffen sich die Herrscher positive Aufmerksamkeit im In- und Ausland. Aus romantischen Motiven wird dabei nicht gehandelt.

Zehn Jahre lang, von 1992 bis 2002, war er beim Tennis-Davis-Cup-Team von Katar aktiv. Von seinen 43 Einzelpartien konnte der talentierte Tennisspieler immerhin zwölf zu seinen Gunsten entscheiden. Auch bei den Doppelspielen gewann er die gleiche Anzahl an Matches, wobei er lediglich an 28 dieser Partien beteiligt war. Gemeinsam mit Sultan Khalfan Al Alawi konnte Al-Khelaifi in seinem Heimatland somit Tennisgeschichte schreiben. Die beiden waren das erfolgreichste Duo, welches bis dato für Katar beim Davis-Cup angetreten war. Bei seinen zwei Partien bei der ATP World Tour durfte der katarische Spieler allerdings nur aufgrund einer Wildcard teilnehmen. Er spielte im Jahr 1996 gegen Österreichs damaliges Aushängeschild Thomas Muster und unterlag diesem mit 0:6, 1:6.

Über dieses Spiel kursiert im Internet ein Video, dass die Unterlegenheit des Kataris zeigt. Muster kennt keine Gnade mit seinem Gegner und dem damals 23-jährigen will an diesem Tag nichts gelingen. So lässt Muster seinem Gegenüber einen Punkt gewinnen, stürmt zum Netz und klatscht den Gegner ab. Auch Al-Khelaifi jubelt, die Arme weit von sich gestreckt, er lacht dazu. Es ist eine wunderbar selbstironische Szene, 50 Sekunden lang: Der junge Mann aus Katar trägt seine sportliche Unterlegenheit mit Leichtigkeit. Sein Talent reichte nicht aus, um länger im Rennen zu bleiben. Er erreichte in der Weltrangliste Platz 995 und spielte insgesamt 16.201 US-Dollar an Preisgeld ein.

Auf dem Tennis-Court traf er den sechs Jahre jüngeren Tamim bin Hamad al-Thani, das heutige Staatsoberhaupt des Emirats Katar. Groß ist die Begeisterung der katarischen Royals für Sport, nicht nur wenn es darum geht, dem kleinen Emirat international Aufmerksamkeit zu verschaffen. Sagenumwoben ist in Doha etwa die Palastliga, bei der bekannte Fußballer geladen werden, um gegen Mitglieder des königlichen Clans zu kicken. Aber auch der Tennissport erfreut sich großer Beliebtheit.

MACHT Al-Khelaifi zählt mit seinen Engagements bei PSG und der FIFA zu einem der einflussreichsten Persönlichkeiten im internationalen Weltfußball. | © 2022 Victor Joly/Shutterstock

Vorwurf der Korruption bei Fernsehrechten

Durch die Begeisterung für den Tennissport ist es nicht allzu überraschend, dass Tamim bin Hamad Al Thani den besten Tennisspieler des Landes zu seinem Trainingspartner bestellt. Durch die Trainingseinheiten avancierte Al-Khelaifi zum besten Freund des tennisverrückten Tamim. In seiner Zeit als Tennisprofi trainierte er längere Zeit in Nizza und mit dem heutigen Emir wurde er öfter auf Plätzen an der Côte d’Azur gesichtet. Die beiden entwickelten dadurch eine Vorliebe für Frankreich und Al-Khelaifi auch Bewunderung für den Fußballklub Paris Saint-Germain.

Diese Freundschaft legte den Grundstein für das Vermögen von Al-Khelaifi. Der Scheich Tamim bin Hamad Al Thani verfügt über ein geschätztes Vermögen von zwei Milliarden Euro. Das Staatsoberhaupt von Katar gab seinem besten Freund viele bedeutende Positionen und ernannte ihn sogar zum Minister – ein Ministeramt ohne Geschäftsbereich. Ihm hat Al-Khelaifi folgende Funktionen zu verdanken:

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    Präsident beim Paris Saint-Germain Football Club
  • soccer-ball-variant (1)
    ein führendes Mitglied im Organisationskomitee der WM 2022
  • soccer-ball-variant (1)
    Vorsitzender der beIN Media Group
  • soccer-ball-variant (1)
    Vorsitzender bei Qatar Sports Investments (QSI)
  • soccer-ball-variant (1)
    Präsident der Qatar Tennis Federation (katarischer Tennisverband)
  • soccer-ball-variant (1)
    Vizepräsident der Asian Tennis Federation für West-Asien

Von 2003 an arbeitete der heute 49-Jährige beim Fernsehsender Al-Jazeera, einem Prestigeprojekt der Königsfamilie. Nach der Krönung seines Freundes zum Staatsoberhaupt berief ihn dieser 2013 zum Chef der Sportsparte beIN Sports. Hierbei handelt es sich um ein Unternehmen, welches über 22 Sport-TV-Kanäle verfügt und Milliarden in den Fernsehmarkt steckt. Seit 2011 steht Al-Khelaifi bereits an der Spitze der Qatar Sports Investment (QSI), des Vehikels des Emirs für strategische Investitionen im Sport, befüllt vom Staatsfonds, der die gewaltigen Einnahmen aus dem Gasgeschäft anlegt.

Vielfältige Geschäfte rund um Fernsehrechte und die Vergabe von Sportwettkämpfen zogen Korruptionsermittlungen nach sich. Al-Khelaifi wies alle Anschuldigungen immer zurück und so wurde er im Juni 2022 vom Vorwurf der Anstiftung zu einer Straftat freigesprochen. Das Schweizer Bundesstrafgericht urteilte, dass der Katari sich nicht strafbar gemacht hat, als er den damaligen Generalsekretär der FIFA, Jerome Volacke, in einer Luxusvilla auf Sardinien wohnen lies, ohne dass dieser dafür zahlen musste. Die Villa stand im Eigentum einer katarischen Firma. Die Staatsanwaltschaft, die 28 Monate Haft für den Geschäftsmann forderte, hatte einen Zusammenhang mit der Vergabe von Fernsehrechten an den Fußball-Weltmeisterschaften 2018 bis 2030 als erwiesen angesehen.

PSG auf dem Weg zum Weltklub

Seit 2011 investiert Qatar Sports Investment (QSi) in den damals dümpelnden französischen Hauptstadtklub Paris Saint-Germain und hält mittlerweile 100 Prozent. Der vorherige Eigentümer des Klubs, Colony Capital, verkaufte für rund 30 Millionen Euro 70 Prozent seiner Aktienanteile, weitere 20 Millionen Euro wurden für die Schuldentilgung aufgebraucht. 2012 übernahm QSi die restlichen 30 Prozent der Anteile am Klub und investierte weitere 108 Millionen Euro. Das öffentliche Gesicht des Investors ist Al-Khelaifi und dieser fungiert seit der Übernahme als Vereinspräsident. Im selben Jahr wurde für Paris Saint-Germain ein Sponsorenvertrag mit der QTA (Katars Tourismusbehörde) abgeschlossen, der bis 2016 rund 600 Millionen Euro eingebracht hat. Kritiker brachten vor, dass QSi mit diesem Sponsoring-Deal die Financial-Fair-Play-Vorgaben der UEFA umgehe. Zu Financial-Fair-Play-Kritiken äußert sich Al-Khelaifi stets knapp – es stehe ihnen zu, ihr Geld zu investieren, wo immer sie wollen und dass Investoren nicht böse seien. Auch der jüngste Deal brachte viel Kritik mit sich, da es sich um ein Unternehmen aus der Heimat von Al-Khelaifi handelt. Seit der Saison 2022/23 ziert der Schriftzug der Fluggesellschaft Qatar Airways den Brustbereich des französischen Fußballmeisters. Über die Laufzeit des Vertrages gibt es keine genauen Angaben. Der jährliche Betrag soll bei kolportierten 60 bis 70 Millionen Euro liegen.

Mächtiger Mann im Weltfußball

Oftmals wird gedacht, dass Al-Khelaifi der reiche Scheich sei, der das Geld bei PSG reinpumpt. In Wahrheit ist er »nur« ein Geschäftsmann. Im Vergleich zum wahren Besitzer ist der PSG-Präsident – bei allem Respekt – nur eine kleine Nummer. QSI ist im Besitz des Finanzministeriums von Katar und des Olympischen Komitees von Katar. PSG ist somit im staatlichen Besitz von Katar. Das Finanzvolumen des Staatsfonds QSI wird auf circa 230 Milliarden Euro geschätzt.

Aber da es in Katar viele Verflechtungen und Verstrickungen gibt, sind die Vermögensverhältnisse im Emirat schlichtweg zu unübersichtlich. Für Außenstehende ist daher nicht klar, welches Vermögen wem gehört. Daher reichen die Schätzungen für sein Privatvermögen von hunderten Millionen (250 Millionen Euro) bis zu einstelligen Milliardenbeträgen (6,9 Milliarden Euro).

Mit dem höchsten Amt beim französischen Traditionsverein begann die Wandlung vom Sohn eines Perlenfischers vom Golf zum mächtigsten Mann im europäischen Fußball. Al-Khelaifi hat den einst provinziellen Verein aus der Hauptstadt zum neuen Powerhaus des Weltfußballs hochgezüchtet und daher war es auch wenig überraschend, dass am 4. August 2017 Geschichte in Sachen Investitionen im Fußball in Paris geschrieben wurde. Der Brasilianer Neymar wurde für eine Ablösesumme von 222 Millionen Euro vom FC Barcelona eingekauft. Mittlerweile tragen neben Neymar Spieler wie Lionel Messi, Kylian Mbappé, Sergio Ramos oder Gianluigi Donnarumma das Trikot von PSG. Bislang wurden mehr als 1,5 Milliarden Euro investiert.

Trotz vieler Unstimmigkeiten schaut die UEFA tatenlos zu und ignoriert ihre eigenen Prinzipien zum Financial Fairplay. Der elegante und weltgewandte Al-Khelaifi gilt nicht nur als ein Vertrauter von UEFA-Chef Aleksander Ceferin, sondern sitzt mittlerweile selbst an der Spitze aller maßgeblichen Gremien des europäischen Fußballs, auch der European Club Association (ECA). Der Vereinigung gehören 246 Klubs an. Diese Position hat ihn jüngst auch vor einer saftigen Strafe bewahrt. Nach dem Champions-League-Aus im Achtelfinale gegen Real Madrid war gegen Al-Khelaifi sowie dem Sportdirektor Leonardo ein UEFA-Disziplinarverfahren eröffnet worden. Laut Berichten mehrerer Medien drangen die Beiden wutentbrannt in die Schiedsrichterkabine ein. Der Referee forderte demnach beide auf, die Kabine zu verlassen, woraufhin sie die Tür blockierten. Al-Khelaifi soll zudem Schiedsrichterequipment zerstört haben und einen Real-Mitarbeiter, der die Aktion gefilmt haben soll, mit dem Tod gedroht. Während der inzwischen entlassene Leonardo für ein Spiel gesperrt wurde, kommt Al-Khelaifi im Strafurteil namentlich nicht vor.

Super League kein Thema

Ein Jahr, nachdem die Pariser einen großen Namen nach dem anderen verpflichten konnten, soll die Transferpolitik ab nun eine völlig andere werden. Weg mit dem Spektakel, her mit einer schlagkräftigen Truppe, die als Einheit agieren soll. »Wir wollen kein Bling Bling mehr, keine Show«, behauptete Al-Khelaifi vorm Start zur neuen Transferperiode. »Wir wollen ein Team, das sich zerreißt, das sich mit dem Verein und den Fans identifiziert.« Mit dieser Philosophie will der Verein endlich den Champions-League-Titel holen. Dennoch sorgte Al-Khelaifi in diesem Sommer mit den Details, die rund um die Vertragsverlängerung Mbappés kolportiert werden, weltweit für Aufsehen. Der französische Nationalspieler soll für die Unterschrift seines neuen Vertrags 300 Millionen Euro Handgeld erhalten haben und 100 Millionen Euro pro Jahr verdienen.

Sollten diese Zahlen der Wirklichkeit entsprechen, würden selbst einem Klub wie PSG zusätzliche Millionen aus der geplanten Super League guttun. Aber auch eine äußerst lukrative Offerte überzeugten den 49-Jährigen nach eigenen Angaben nicht: »Ich hätte den Scheck über 400 Millionen Euro nehmen können.« Das Konzept könne er zwar verstehen, aber man könne nicht sagen: »Du bist ein kleiner Klub, du bist raus.« Es muss ein offenes System sein, unter dem Dachverband, in dem jeder respektiert wird. Seit sich Al-Khelaifi gegen die Gründung einer Super League stellte, gilt er sogar als Paladin der einfachen Fans und Bewahrer von Traditionen. Das ist natürlich ein Hohn, wenn man die letzten Jahre von Paris Saint-Germain betrachtet. Eines hat er dadurch wieder einmal geschafft: es dreht sich alles um ihn, um Katar und PSG.

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