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Eine WM auf drei Kontinenten: Hat der Fußball wortwörtlich nun endgültig seine Grenzen überschritten? [Gastbeitrag]

Lesedauer: 4 Minuten

© FIFA Media Channel

Die Meldung kam wie aus dem Nichts. Die WM 2030 wird in Südamerika, Afrika und Europa ausgetragen. Bereits 2026 wird das Turnier auf 104 Spiele und 48 teilnehmende Mannschaften ausgeweitet, was durchaus kritisch gesehen werden darf. Zum 100. Jubiläum der Fußball-WM kommt nun diese geographische Erweiterung auf sechs Länder hinzu: Uruguay, Argentinien, Paraguay, Marokko, Spanien und Portugal.

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Ein Gastbeitrag von Florian Kainz – Direktor und Geschäftsführer des Internationalen Fußball Instituts sowie Aufsichtsratsvorsitzender der SpVgg Unterhaching – über Schuldenberge, Hochglanzvideos Saudi-Arabiens und fehlende Werte.

Das britische Boulevard-Blatt »The Sun« hat recherchiert, dass ein verrückter Spielplan für die »Three Lions« 13.000 Reise-Meilen bedeuten könnte. Lange Flüge und nicht zu vergessen der eine oder andere Jetlag werden für Mannschaften und Fans unvermeidbar sein. Schließlich findet das Turnier in insgesamt drei Zeitzonen statt, zwischen denen bis zu fünf Stunden Zeitunterschied liegen. Welche außergewöhnlich große Beanspruchung das für den Körper eines Leistungssportlers und damit für seine Gesundheit bedeutet, kann sich jeder ausmalen. Vor Vergeudung von Ressourcen wie Geld, Treibstoff, Energie und auch Zeit macht dieses Turnier nicht Halt.

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Höher, schneller, weiter und lukrativer

In vielen Bereichen hat der Profifußball schon lange seine Bodenhaftung verloren. Auf dem Weg vom Volkssport zum kommerzialisierten Hochglanzprodukt bleibt vor allem in der Spitze einiges auf der Strecke. Zahlreiche Klubs haben sich nach und nach von den Dachverbänden und den internationalen Verbänden distanziert. Denn die Schere zwischen den Vereinen mit Beteiligung an internationalen Wettbewerben und denen, die nur in nationalen Meisterschaften vertreten sind, wird zunehmend größer. Hohen Transferausgaben stehen oft riesige Schuldenberge gegenüber.

Während auf Klub-Ebene zahlreiche Akteure mühevoll um nachhaltige Entwicklung und Zukunftssicherung kämpfen, scheint das Streben nach Gigantomanie auf Verbandsebene keine Grenzen zu kennen. In diesen Kontext passt die Entscheidung um die WM-Vergabe natürlich sehr gut, ist aber in Bezug aufs große Ganze umso weniger nachvollziehbar, denn die Basis wird völlig vergessen. Es geht ausschließlich um »höher, schneller, weiter und lukrativer«. Schließlich bedeuten sechs Gastgeberländer sechs Märkte.

Ganz zu schweigen davon, dass mit dieser Entscheidung mit allergrößter Wahrscheinlichkeit Saudi-Arabien der Weg zum Turnier 2034 geebnet wird. Mit der Bekanntgabe der Austragungsorte für 2030 wurden in der Mitteilung der FIFA formell Verbände aus Asien und Ozeanien eingeladen, sich um die WM 2034 zu bewerben. Prompt sandte das Königreich am Tag der Vergabe für 2030 ein Hochglanzvideo in die Welt, um sich als Gastgeber 2034 zu positionieren.

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»Die Welt zu Gast bei Freunden« adé?

Wenn alles dem Zweck der Vermarktung untergeordnet wird, stellt sich irgendwann die Frage, wie lange und in welcher Form eine solche Vorgehensweise der Verbände gesellschaftlich geduldet wird und was das wiederum mit der Fanbasis macht. Mit den Menschen, die Fußballspiele und große Turniere erst zu unvergesslichen Erlebnissen werden lassen. Nicht umsonst erinnern wir uns in Deutschland so gerne an das Sommermärchen 2006, das völlig zu Recht unter dem Motto »Die Welt zu Gast bei Freunden« stand.

Nicht nur die FIFA, die Dachverbände die solche Vergaben stützen, und die entsprechenden Entscheider aus der Politik, sondern auch Stakeholder, wie insbesondere Medienpartner und Sponsoren sollten sich kritisch hinterfragen – und sie sollten vor allem auch kritisch hinterfragt werden – wenn sie diese Entwicklung mittragen und sogar fordern.

Diese WM-Vergabe ist eine weitere Sinnlosigkeit, die gegen die Wertebasis und den bedachten Umgang mit Ressourcen verstößt.

Aus meiner Sicht ist diese WM-Vergabe eine weitere Sinnlosigkeit, die gegen die Wertebasis von Demut, Idealen, Verlässlichkeit, Nachhaltigkeit und natürlich auch gegen den bedachten Umgang mit Ressourcen verstößt, der in unserer Zeit wichtiger denn je ist!

Daher sind auch wir vom Internationalen Fußball Institut als auch hochschulseitig dazu aufgefordert, permanent kritisch zu reflektieren und die Menschen in unserem Umfeld – Multiplikatoren ebenso wie Studierende – werteorientiert bei ihrer Kompetenzentwicklung zu unterstützen und damit unseren Beitrag zu einer verantwortungsvollen Gesellschaft zu leisten.

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