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Thiem-Macher Günter Bresnik: »Ich würde mich als Frauenrechtler bezeichnen«

Lesedauer: 10 Minuten
© Sport Business Magazin

Seit Jahrzehnten betreut Erfolgstrainer Günter Bresnik, 61, die weltweite Tenniselite. Der Startrainer über die gescheiterte Beziehung zu seinem ehemaligen Schützling Dominic Thiem, die Causa Djoković, Impfen im Profisport, sein gestörtes Verhältnis zu Verbänden, den besten Tennisspieler aller Zeiten und seine Liebe zum Frauentennis.

© Juergen Skarwan Photographie

Im Laufe seiner Trainerkarriere trainierte Günter Bresnik prominente Aushängeschilder wie die deutsche Tennislegende Boris Becker, den Franzosen Henri Leconte und die österreichische Kultfigur Horst Skoff. In Summe arbeitete der Sohn einer Ärztefamilie mit über 30 Top-100-Spielern – bis April 2019 auch mit Österreichs Tennisstar Dominic Thiem, den er innerhalb von 18 Jahren zum Spitzenspieler formte. Heute betreibt der gebürtige Wiener eine internationale Tennisakademie in der Südstadt an der südlichen Stadtgrenze Wiens mit rund 30 Nachwuchsspielern. Seit Jänner 2021 betreut er den Franzosen Gaël Monfils.

Im Interview mit dem Sport Business Magazin nimmt der Thiem-Macher wie gewohnt kein Blatt vor den Mund und spricht offen über die Probleme im heimischen Tennissport, die Familie Thiem als Konkurrenz, Preisgelder und Pläne für die Zukunft.

Nachwuchs: »Die Grundlage für Erfolge im Jugendund Erwachsenentennis wird im Alter von sechs bis zwölf Jahren gelegt«

© Juergen Skarwan Photographie

Herr Bresnik, wie bewerten Sie die aktuelle Entwicklung im österreichischen Tennissport?

Für Erfolge im österreichischen Tennis-Leistungssport muss an der Basis viel besser gearbeitet werden. Die Grundlage für Erfolge im Jugend- und Erwachsenentennis wird im Alter von sechs bis zwölf Jahren gelegt. Es wäre wichtig, dass Kinder und Jugendliche, die eine ähnliche Spielstärke besitzen, unabhängig von ihrer körperlichen Entwicklung, gegeneinander spielen. Hierzulande treffen bei Turnieren Nachwuchsspieler unterschiedlichen Leistungsniveaus aufeinander. Folglich vergeht jungen Menschen, die bei diesen Turnieren regelmäßig glatt in zwei Sätzen verlieren, die Lust am Leistungstennis und geben diesen aus Frust auf. Dadurch gehen viele mögliche Talente verloren.

Wie stehen Sie zum Österreichischen Tennisverband (ÖTV) und seinem neuen Sportdirektor Jürgen Melzer?

Mit Jürgen habe ich ein gutes Verhältnis. Schließlich kenne ich ihn schon seit Kindertagen aus der Südstadt.

Zu Verbänden habe ich ein gestörtes Verhältnis, weil dort oft Leute den Ton angeben, die nicht aus der Branche kommen. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, ich bewundere es, wenn sich Menschen ehrenamtlich engagieren, aber wenn diese keine ausgewiesenen Experten sind, sollten sie keine fachspezifischen Entscheidungen treffen.

Für Erfolge im österreichischen Tennis-Leistungssport muss an der Basis viel besser gearbeitet werden.

Nun zu Ihrer Tennisakademie, dem »Leistungszentrum Bresnik – Center Court Südstadt«. Gibt es Sponsorings in Ihrer Akademie und was kostet die durchschnittliche Ausbildung eines Spielers im Jahr?

Ich lasse mir nicht gern dreinreden, aus diesem Grund verzichte ich auf unmittelbares Sponsoring. Ich spreche nicht gerne über Geld. Es gibt allerdings Vereinbarungen, die man mit guten Spielern trifft, um sich später beispielsweise am Gewinn deren Preisgelder beteiligen zu lassen.

Sollte ein Kind über sechs Stunden bei mir trainieren, wird über eine Monats- beziehungsweise Jahrespauschale abgerechnet. Generell gilt: Je jünger die Spieler sind, desto geringer sind die Kosten für deren Eltern. Sobald Nachwuchsspieler zu Turnieren reisen müssen und man die Übernachtung für Hotels und vieles mehr finanzieren muss, wird es für die Eltern teuer. Ich verdiene an den finanziellen Ausgaben der Eltern nichts.

Bresnik und Thiem: »Die Form der Trennung wird für mich zwischenmenschlich immer eine Enttäuschung bleiben«

© Juergen Skarwan Photographie

Welche prominenten Spieler trainieren aktuell in der Akademie und wer davon ist der größte Star?

In meiner Akademie trainieren momentan 20 bis 30 Spieler. Die prominentesten Spieler sind Gaël Monfils, die Ukrainerin Elina Switolina, Julia Grabherr, die aktuelle Nummer eins im österreichischen Damentennis, Dennis Novak, Jurij Rodionov sowie Lukas Neumayer, den derzeit besten österreichischen Nachwuchsspieler.

Wir kommen zur Causa Novak Djoković bei den Australien Open. Anfang Jänner erreichte der Serbe als ungeimpfter Tennisprofi Australien und löste unter anderem aufgrund falscher Angaben auf seinem Einreiseformular eine Kontroverse aus. Wie stehen Sie zu diesem Vorfall?

Manche Leute sympathisieren mit Revoluzzern. Ich mag Leute, die Dinge hinterfragen. Der Presse glaube ich auch oft nicht. Wir stammen aus einem Ärztehaushalt, daher ist bei mir die gesamte Familie geimpft. Gewisse Dinge sollte man aber noch hinterfragen dürfen.

Ich bin kein Impfexperte, genauso wenig wie ich weiß, was Djoković in sein Einreiseformular geschrieben hat. Ich habe größten Respekt vor seinem sozialen Engagement. Grundsätzlich muss man sich aber impfen lassen. Ich bin keiner, der Extrawürste mag. Da ich die Interna nicht kenne, erlaube ich mir diesbezüglich kein Urteil. Wenn tagelang über das Djoković-Theater in den Medien prominent berichtet wird, muss man sich schon fragen, ob es keine größeren Probleme auf dieser Welt gibt.

»Wenn tagelang über das Djoković-Theater in den Medien prominent berichtet wird, muss man sich schon fragen, ob es keine größeren Probleme auf dieser Welt gibt.«

Ist dadurch sein Marktwert beschädigt?

Was den Marktwert von Djokovic betrifft, ist es ihm bestimmt egal, ob dieser 50 oder 60 Millionen Euro beträgt. Sein Ziel ist es, die meisten Grand-Slam-Titel zu gewinnen und nicht seine Popularität zu steigern.

Wie stehen Sie zum Thema Impfen im Profisport?

Jeder Profisportler soll sich beraten lassen, was es bringt und in der Folge für sich eine Entscheidung treffen. Manchmal verstehe ich das Corona-Theater nicht.

Inwiefern?

Die Menschen haben kein Problem, nach Kenia zu fliegen und sich im Zuge dessen fünffach impfen zu lassen, aber bei einer Corona-Impfung gibt es einen großen Aufschrei. Was ich verstehe, ist, dass Menschen ein Problem damit haben, sich etwas vorschreiben zu lassen.

Thiem-Macher Bresnik: »Roger Federer ist für mich auf einer Stufe mit anderen Sportikonen wie Ayrton Senna, Lionel Messi, Pelé, Tiger Woods und Michael Jordan.«

© Juergen Skarwan Photographie

Wer ist der beste Tennisspieler aller Zeiten?

Roger Federer, er ist für mich auf einer Stufe mit anderen Sportikonen wie Ayrton Senna, Lionel Messi, Pelé, Tiger Woods und Michael Jordan. Zudem ist Federer bei jeglichen Matchstatistiken auf allen Belegen vorne dabei und niemand hat eine elegantere Spielweise als er. Aufgrund seines Auftretens auf und neben dem Platz hat er den Sport von der Oma bis zum Kleinkind populär gemacht. Das ist zweifellos sein Verdienst. Zudem spricht er fünf bis sechs Sprachen fließend.

In der Branche wird auch seine Bodenständigkeit geschätzt.

Ja, ich finde es beeindruckend, wie bodenständig er geblieben ist. In der Vergangenheit war ich Zeuge, wie er Leute nach Jahren gegrüßt hat, die er kaum kennt. Er lässt sich zudem mit viel Gelassenheit und Geduld von mehr als ein Dutzend Fernsehstationen interviewen. Andere Spieler werden schon nach der dritten Anfrage mürrisch.

Allerdings hätte er nie das Niveau erreicht, wenn er nicht gleichzeitig mit Rafael Nadal und Djoković gespielt hätte. Das Wichtigste für die »Big Three« ist, gegeneinander zu gewinnen. Djoković ist für mich der beste Returnspieler aller Zeiten, Nadal der beste Wettkämpfer, den dieser Planet je gesehen hat. Zusammenfassend ist zu sagen, dass man diese drei Spieler wohl über alle anderen stellen muss.

»Ich bin ein Verfechter des Darwinismus – das Recht des Stärkeren. Ich liebe das Frauentennis, aber der Verdienst der Spielerinnen und Spieler sollte sich ebenso danach richten, was die Veranstalter mit einem Turnier verdienen.«

Sie haben Dominic Thiem an die Weltspitze herangeführt und ihn seit Kindesbeinen trainiert. Wie bewerten Sie seine aktuelle Entwicklung? Welche Erfolge trauen Sie Ihrem ehemaligen Schützling noch zu?

Ich habe keinen Kontakt zu seinem Umfeld, weiß nicht wie gut er spielt und wie er trainiert. Er ist in vielerlei Hinsicht ein perfekter Spieler. Aber selbst beim besten Spieler muss manchmal der »Ölstand« kontrolliert werden. Tut man dies nicht, kann es sein, dass es stockt. Das künftige Duell um die Nummer eins der Weltrangliste, sollte trotz allem Dominic Thiem gegen Alexander Zverev lauten.

Sie haben sich mit Thiem vergangenen März außergerichtlich geeinigt. Sind die Wogen zwischen Ihnen und der Familie Thiem geglättet?

Mein Anwalt erklärte mir, dass ein guter Vergleich einer ist, bei dem alle Parteien unzufrieden sind. Es kam in dieser Sache zu keiner Klage, weil eine Wiener Richterin als Mediatorin fungierte. Rechtlich gesehen sind die Wogen zwischen uns geglättet. Die Form der Trennung wird für mich zwischenmenschlich immer eine Enttäuschung bleiben.

Was kann das »Austrian Tennis Committee« kurz ATC von Dominic und Wolfgang Thiem besser als Ihre Akademie? Wo liegen die Unterschiede?

Die Unterschiede kann und will ich nicht beurteilen. Ganz allgemein gilt, dass das Augenmerk immer auf den Jugendlichen und Kindern liegen sollte.

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Das ATC und das Leistungszentrum Bresnik trennt gerade einmal zehn Kilometer. Wie stehen Sie zu dieser Konkurrenz?

In Österreich gibt es in Summe mehr als zehn Tennisakademien. Außer meiner Akademie und dem ATC gibt es zahlreiche andere Leistungszentren, bei denen ich hoffe, dass es gelingt, gute Spieler herauszubringen. Davon profitiert der gesamte Sport. Daher empfinde ich die anderen Akademien nicht als Konkurrenz. Ich freue mich über jede einzelne davon, denn Konkurrenz belebt die Szene.

Haben Sie mit den Sportlern Ihrer Akademie ähnliche Verträge, wie Sie es mit Thiem hatten?

Erst nach der Volljährigkeit von Dominic hatte ich einen Vertrag mit ihm. Lange Zeit war dies nicht der Fall. Vielleicht auch aus Naivität. Schließlich trainierte ich ihn seit seinem achten Lebensjahr. Ich hatte aber meistens keine schriftlichen Verträge mit den Sportlern, die ich trainierte, sondern mündliche Abmachungen, die im Normalfall ausreichend sind.

Ich hatte aber meistens keine schriftlichen Verträge mit den Sportlern, die ich trainierte, sondern mündliche Abmachungen, die im Normalfall ausreichend sind.

Stichwort im Normalfall…

Natürlich war und ist die Auszahlung nicht nach meinen Vorstellungen. Ich habe aber gutes Geld verdient und besitze daher eine ausgezeichnete Verhandlungsposition. In erster Linie muss es mir Spaß machen.

Die Entscheidung, Gaël Monflis zu trainieren, traf ich beispielsweise nicht ausschließlich nach wirtschaftlichen Aspekten. Bevor ich ihn trainierte, hatte er über einen langen Zeitraum kein Match mehr gewonnen. An dem kürzlich erzielten Turniersieg (ATP-Tour-250-Event in Adelaide im Jänner 2022; Anm. d. Red.) hatte ich eine große Freude, weil ich mir sagen konnte: »Du kannst etwas, was nicht jeder kann!« Das ist vielleicht ein kindischer Zugang, aber dann bin ich halt kindisch mit 61 Jahren.

Wie sieht eine ideale vertragliche Kooperation zwischen Spieler und Management aus?

Ein gerechter Vertrag richtet sich nach dem Erfolg der Sportler. Erst wenn sich dieser einstellt, ist ein gerechter Vertrag möglich.

Sind die ausgezahlten Preisgelder im Spitzentennis angemessen – auch im Hinblick darauf, dass Frauen nach wie vor weniger bekommen?

Ich finde die Preisgelder bei den Turnieren angemessen. Es ist in Ordnung, dass Dominic Thiem so viel verdient (28,86 Millionen US-Dollar Karriere-Preisgeld; Anm. d. Red.).

Ebenso bin ich der festen Überzeugung, dass Frauen für die gleiche Arbeit gleich viel verdienen sollten. Ich würde mich sogar als Frauenrechtler bezeichnen. Schließlich habe ich vier Töchter, die mir heilig sind, aber selbst die sagen: »Wenn Männer fünf Sätze spielen, sollen sie auch mehr verdienen.« (Frauen spielen maximal drei; Anm. d. Red.)

Bresnik: »Es beschwert sich auch niemand, dass weibliche Models wie Claudia Schiffer oder Naomi Campell mehr verdienen als ihre männlichen Kollegen.«

© Juergen Skarwan Photographie

Der Markt bestimmt also den Preis?

Es gibt in der freien Marktwirtschaft keine geschützte Werkstätte. Es beschwert sich auch niemand, dass weibliche Models wie Claudia Schiffer oder Naomi Campell mehr verdienen als ihre männlichen Kollegen.

Ich bin ein Verfechter des Darwinismus – das Recht des Stärkeren. Ich liebe das Frauentennis, aber der Verdienst der Spielerinnen und Spieler sollte sich ebenso danach richten, was die Veranstalter mit einem Turnier verdienen. Es ist eine Tatsache, dass beim Damentennis weniger Zuseher sind als bei den Herren. Daraus folgernd haben die Veranstalter auch weniger Einnahmen.

Sie sind seit Mitte der 1980er-Jahre im Tennisbusiness. Gibt es bereits Pläne, ob und wann Sie in »Tennis-Pension« gehen und Ihren wohlverdienten Ruhestand genießen?

Ein klares Nein dazu! Ich habe Glück, dass ich mein Hobby zum Beruf machen konnte, daher werde ich diesen Job so lange betreiben, wie er mir Spaß macht.

Herr Bresnik, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

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