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The Big Earl: Der fulminante Aufstieg Erling Haalands

Lesedauer: 9 Minuten

© Revierfoto/Action Press/picturedesk.com

In Salzburg und Dortmund hat er längst seine Spuren hinterlassen und Rekorde gebrochen. Der Norweger Erling Braut Haaland, 21, ist drauf und dran, zur Elite des Weltfußballs aufzusteigen und sich unsterblich zu machen. Ein Portrait.

© STIAN LYSBERG SOLUM / AFP / picturedesk.com

Superlativen und Jubelchöre auf einzelne Athleten werden im Sport oft inflationär verwendet. Gerade im Fußballgeschäft zögern Boulevardzeitungen und Internetportale nicht, aufstrebende Talente sehr früh in den Himmel zu loben. Viele von ihnen können die Erwartungen nicht erfüllen und werden als gescheitertes Talent abgestempelt. Erling Braut Haaland ist anders.

Der Stürmer von Borussia Dortmund ist einer der aufgehenden Sterne am Fußballhimmel. Mit 19 Jahren begann er in Salzburg, wie am Fließband zu treffen. Zwei Jahre später ist es immer noch so. Mit einem vom Internetportal Transfermarkt.de bezifferten Marktwert von 150 Millionen Euro ist Haaland aktuell der zweitwertvollste Spieler der Welt. Nur Frankreichs Goldjunge Kylian Mbappé wird mit einem Marktwert von 160 Millionen Euro ein noch höheres Preisschild umgehängt. Haalands Teamkollege Mats Hummels prophezeit nicht umsonst: »Er wird die nächsten 15 Jahre durchgehend zu den drei weltbesten Stürmern gehören.«

Haaland-Pose

»Ich versuche immer ich selbst zu sein, mich als Spieler und Person weiterzuentwickeln«

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Zahlreiche Fähigkeiten

Haaland ist kaum zu bremsen. Dortmunds Kapitän Marco Reus meinte jüngst: »Der Junge hat Instinkt« – und spricht damit nur eines der vielen Erfolgsfaktoren seines Stürmerstars an. Mit 1,94 Metern bringt der Norweger einen robusten Körper mit, den er perfekt einzusetzen weiß. Zudem weiß er, seinen muskulösen Körper auf Touren zu bringen: 36,04 Kilometer pro Stunde wurden in der Bundesliga bereits gemessen. Diese körperliche Stärke kombiniert mit einem sehr guten ersten Ballkontakt, viel Gespür für Raum und Tiefe sowie einem wuchtigen Abschluss lassen das Leben der Abwehrreihen schwer werden.

Privat hingegen hört man von einem zurückhaltenden Typen und auch vor den TV-Kameras ist der Norweger kein Mann der großen Worte. »Der Tag, an dem ich über eine Minute ein Interview gebe, ist der Tag, an dem ich mit Fußball aufhöre«, lässt der Angreifer lieber Tore als Worte sprechen.

Dem 21-jährigen Haaland wurde der Profifußball in die Wiege gelegt. Geboren wurde Norwegens heißeste Fußballaktie im nordenglischen Leeds, wo sein Vater Alf-Inge beim damaligen Europacup-Stammgast Leeds United tätig war. Die erste Vereinsstation des jungen Erling war in Norwegen beim Bryne FK, bei dem er sämtliche Jugendmannschaften durchlief und bis ins Alter von 16 Jahren seine Fußballschuhe schnürte. Am 12. Mai 2016 gab er im Alter von 16 Jahren in der zweiten norwegischen Liga sein Profidebüt für Bryne, blieb jedoch für seinen Stammklub auf Profiebene ohne Treffer. Im Jahr 2017 heuerte der damalige Nachwuchsteamspieler beim Erstligisten Molde FK an, bei dem Norwegens Stürmerikone aus den späten 1990ern und frühen 2000ern Ole Gunnar Solskjær als Trainer fungierte. Der Durchbruch in der Eliteserie gelang Haaland im Jahr 2018, als er sich mit zwölf Toren verstärkt in die Notizbücher ausländischer Klubs spielte.

Christoph Freund: »Im Nachhinein gesehen war sein Wechsel zum FC Red Bull Salzburg für beide Seiten die absolut richtige Entscheidung.«

© Andreas Schaad

Wechsel nach Salzburg und erste Rekorde

Das Rennen um den Youngster, der bereits damals mit einem wuchtigen Körper für Aufsehen sorgte, machte Österreichs Serienmeister Red Bull Salzburg, der satte acht Millionen Euro nach Molde überwies. Viel Geld für einen Spieler, der noch ohne A-Länderspiel war und aus einer schwächeren Liga kam.

»Grundsätzlich kann man sich nie hundertprozentig sicher sein und es gibt auch keine Garantie, dass ein Spieler von Anfang an seine Leistungsfähigkeit auch in einem neuen Umfeld bei einem neuen Verein abrufen kann und die Erwartungen von Beginn weg erfüllt«, erklärt Salzburgs Sportdirektor Christoph Freund im Gespräch mit dem Sport Business Magazin. »Natürlich ist er durch seine Fähigkeiten nicht nur uns aufgefallen. Schon damals buhlten große Klubs um ihn. Im Nachhinein gesehen war sein Wechsel zum FC Red Bull Salzburg für beide Seiten die absolut richtige Entscheidung«, so Freund weiter und fügt hinzu: »Je besser man einen Spieler kennt und einschätzen kann, desto geringer ist am Ende auch das wirtschaftliche Risiko.«

»Je besser man einen Spieler kennt und einschätzen kann, desto geringer ist am Ende auch das wirtschaftliche Risiko.«

Die Eingewöhnungszeit sollte ein halbes Jahr dauern, in dem die Neuerwerbung am Weg zum österreichischen Double von Trainer Marco Rose nur zweimal eingesetzt wurde. Was in ihm steckt, zeigte der Stürmer hingegen bei der U20-WM in Polen. Beim abschließenden Gruppenspiel der Norweger gegen Honduras steuerte er zum 12:0-Kantersieg unglaubliche neun Treffer bei.

Die Treffersicherheit sollte Haaland auch wieder zurück in Salzburg ab dem Sommer 2019 unter Beweis stellen, als sein Aufstieg in Rekordtempo erfolgte. Elf Tore und fünf Assists in den ersten sieben Bundesligarunden erregten vor allem in Österreich enormes Aufsehen. Der finale Durchbruch gelang aber, weil sich der Blondschopf auch in der UEFA Champions League treffsicher präsentierte. In der Königsklasse brauchte er gerade einmal zwei Minuten, um die »Bullen« gegen KRC Genk in Führung zu schießen. Das erste Champions-League-Tor innerhalb von nur zwei Minuten war vor ihm erst zwei Spielern gelungen. Dem Dreierpack beim 6:2-Auftaktsieg gegen die Belgier folgten in der Gruppe mit dem FC Liverpool und SSC Napoli fünf weitere Treffer. Es war vorauszusehen, dass der Youngster nicht lange in Salzburg bleiben wird und so folgte nach 29 Treffern in 27 Partien für die Mozartstädter der Wechsel zum deutschen Spitzenklub Borussia Dortmund.

 © Sebastian El-Saqqa / dpa Picture Alliance / picturedesk.com

Rekordjagd geht in Dortmund weiter

Dortmund machte dabei von der im Vertrag festgeschriebenen Ablösesumme von 20 Millionen Euro Gebrauch. Für Salzburg kein schlechter Deal – für einen Spieler, den man zwölf Monate zuvor noch um acht Millionen Euro verpflichtet hatte. Ohne Klausel wäre der Preis wohl deutlich darüber gelegen.

Angekommen in Dortmund machte Haaland dort weiter, wo er in Salzburg aufgehört hatte. Sieben Tore in den ersten drei Bundesligaspielen sind Rekord und ließen Medien, Fans und Gegner staunen. Gleich in der ersten Partie für den BVB sorgte er in Augsburg für große Augen bei allen Beteiligten. Beim Stand von 1:3 wurde Haaland in der 56. Minute eingewechselt, ehe dieser mit drei Toren maßgeblich am Turnaround zum 5:3-Sieg verantwortlich war. Bis dahin war es noch keinem Spieler in der Bundesliga-Geschichte gelungen, bei seinem Debüt als Joker dreimal zu treffen.

Der Norweger bewies, dass der fantastische Herbst 2019 in Salzburg keine Ausnahme war und sicherte sich seither einige Rekorde:

  • Haaland ist der erste BVB-Spieler, der bei seinen Debüts in der Bundesliga, dem DFB-Pokal und der UEFA Champions League treffen konnte.
  • In der Bundesliga-Saison 2020/21 traf er elfmal mindestens doppelt und schaffte dies als erster Spieler in der langen BVBHistorie während einer gesamten Saison.
  • Im November 2020 krönte er sich beim 5:2-Auswärtssieg bei Hertha BSC zum jüngsten Viererpacker der Bundesliga Geschichte.
  • Bis zu seinem 21. Geburtstag konnte Haaland 40 Bundesliga-Tore erzielen, kein anderer Spieler hatte in diesem Alter mehr Tore in seiner Vita stehen.
  • Haaland stellte mit 56 BundesligaTreffern nach nur 57 Partien einen neuen Rekord auf und ist zugleich der jüngste Spieler mit 56 Bundesliga-Toren und der schnellste mit dieser Ausbeute in nur 57 Einsätzen.
  • In 79 Pflichtspielen für den BVB traf Haaland insgesamt 80 Mal.
  • Mit 24 Treffern in seinen ersten 20 Europapokalspielen hat Haaland eine bessere Ausbeute als die Superstars der letzten Jahre – Kylian Mbappé (12), Lionel Messi (8), Robert Lewandowski (6) und Cristiano Ronaldo (6).
  • Haaland ist mit 21 Jahren der drittbeste norwegische Torschütze (24 Tore in 22 Spielen) in der Geschichte des Europapokals hinter Harald Brattbakk (31 in 75) und John Carew (28 in 85)

Sternstunde: In der Königsklasse brauchte Haaland für sein erstes Tor gerade einmal zwei Minuten.

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Die Topadressen winken

Die Spekulationen um die Zukunft des 21-Jährigen haben längst begonnen. Die Crème de la Crème der europäischen Spitzenklubs ist auf der Jagd nach Dortmunds Stürmerstar. Als mögliche neue Arbeitgeber kommen wohl nur eine Handvoll Klubs in Frage. Einerseits sind die sportlichen Ambitionen des Norwegers wohl derart groß und andererseits ist eine entsprechende Ablösesumme inklusive Handgeld und Gehalt auch nur von einer kleinen Gruppe elitärer Klubs zu stemmen. Hinzu kommt, dass kein geringerer als Mino Raiola der Spielerberater des Vertrauens ist. Der Italiener wird sich die Vermittlung wohl auch einen zweistelligen Millionenbetrag kosten lassen und rührt schon heftig die Werbetrommel: »Du kaufst hier einen Youngster mit Erfahrung auf dem höchsten Level.« Ein Verbleib in Dortmund scheint trotz Verdoppelung des Gehalts beinahe unmöglich.

Dortmunds Problem ist die kolportierte Ausstiegsklausel in der Höhe von 75 Millionen Euro, für die Haaland im Sommer 2022 den Verein verlassen kann. Zweifelsfrei viel Geld, in Anbetracht des Marktwerts von 150 Millionen Euro aber ein »Schnäppchen« für die Spitzenklubs. Auf die Ausstiegsklausel beharrte damals angeblich Raiola. Ohne festgeschriebener Ablösesumme wäre der Norweger wohl 2019 nicht für den BVB zu haben gewesen. Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc bezeichnete den Haaland-Deal gar als den schwersten Transfer seiner bisherigen Karriere. Der Wechsel hat sich für den BVB sportlich sowie finanziell längst gerechnet.

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Haaland muss keinen Vergleich scheuen

Den enormen Wert Haalands verdeutlicht auch ein Vergleich mit den absoluten Superstars der letzten 15 Jahre: Lionel Messi, Cristiano Ronaldo und Neymar. Messi war mit 21 Jahren 55 Millionen Euro wert, Ronaldo 25 Millionen Euro und Neymar 50 Millionen Euro. Die Zahlen sind auch ein Indiz dafür, wie sehr sich der Markt die letzten Jahre nach oben entwickelt hat.

Aber nicht nur in puncto Marktwert, auch in Hinblick auf die Treffsicherheit übertrumpft Haaland die Superstars deutlich. Während der Norweger für seine ersten 14 Tore in der Champions League nur elf Einsätze benötigte, musste Messi für diese Marke 28 Partien bestreiten, CR7 erreichte diese Trefferzahl nach 51 Spielen. Für seine ersten 100 Profitore musste Haaland gerade einmal 146 Partien bestreiten. Messi benötigte für diese Marke 210 Einsätze, Ronaldo 301 und der derzeit nach Marktwert gemessen teuerste Spieler der Welt – Kylian Mbappé – 180 Spiele.

Für die norwegische Nationalmannschaft konnte Haaland in seinen ersten 15 Einsätzen zwölfmal treffen. Der 85 Jahre alte Rekord von Jørgen Juve mit 33 Treffern ist zwar noch ein Stück entfernt, aber irgendwie doch schon ernsthaft in Gefahr. Denn, wie Dortmund-Verteidiger Hummels sagte: »The Big Earl« ist einfach eine Tor-Maschine.

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