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Altbürgermeister Ludwig Bieringer: »Es ging um den Sport und nicht um politische Parteien« [Spezial]

Lesedauer: 6 Minuten
© Joachim Maislinger/Kronen Zeitung

Ohne ihn hätte es kein Stadion gegeben: Der Altbürgermeister von Wals-Siezenheim, Ludwig Bieringer, war eine tragende Stütze des Stadionprojekts in Salzburg. Ein Gespräch über unbändigen politischen Einsatz, jahrelange Anrainerproteste und Druckmittel eines übermächtigen SPAR-Konzerns.

© SPORT-Bildagentur krugfoto

Ludwig Bieringer gehört in Österreich zu den bedeutendsten Politikern des Landes. Von 1982 bis 2013 führte er als Bürgermeister die Salzburger Gemeinde Wals-Siezenheim. Bieringer war ein »Macher« und essenziell für die Verwirklichung des Stadions in Wals-Siezenheim. Wir blicken mit dem Altbürgermeister auf einen langwierigen Kampf zwischen Standortfindung und Bürgerinitiativen zurück.

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Herr Bieringer, was waren die Beweggründe, das Stadion des SV Austria Salzburg nach Wals-Siezenheim zu holen?

Jeder Mensch wusste zum damaligen Zeitpunkt, dass das Stadion Lehen keine langfristige Lösung sein kann. Ein Stadion in einem dicht besiedelten Wohngebiet war ein Novum in ganz Europa. Die Stadt Salzburg hatte aber kein geeignetes Grundstück für einen Neubau und so kam die Gemeinde Wals-Siezenheim ins Spiel.

Das Projekt würde aber nur in Zusammenarbeit mit dem Land Salzburg zu verwirklichen sein. Ich gewann den damaligen Landeshauptmann Franz Schausberger und den bereits verstorbenen SPÖ-Politiker Othmar Raus als Unterstützer für mein Vorhaben.

Der größte Gegenwind kam nicht von den Parteien, sondern vom Europark.

Zwei Politiker aus unterschiedlichen Parteien?

Es ging um den Sport in Salzburg und nicht um politische Parteien. Bei Themen dieser Tragweite sollte die politische Ausrichtung keine Rolle spielen. Der größte Gegenwind kam nicht von den Parteien, sondern vom Europark beziehungsweise dem SPAR-Konzern. Darüber hinaus gehörten die Gründe, auf denen das Stadion gebaut werden sollte, verschiedenen Bauern überwiegend aus dem Stadtteil Liefering.

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Welche Probleme gab es mit dem SPAR-Konzern?

Die Vision des Unternehmens war, wie in Vösendorf links und rechts der Autobahn Geschäfte zu errichten. Darüber hinaus gab es Bedenken, dass während der Spieltage die Parkplätze des Europarks voll sein könnten. Beim Stadion in Lustenau hatte der SPAR-Konzern dahingehend bereits schlechte Erfahrungen gemacht. Mit meiner Haltung machte ich mir also nicht viele Freunde.

Bei Themen dieser Tragweite sollte die politische Ausrichtung keine Rolle spielen.

Wie wichtig war der damalige ÖFB-Präsident Josef Mauhart, um den Neubau zu realisieren?

Er war eine bedeutende Stütze und zählte zu meinen wichtigsten Kontakten in Wien: ein einflussreicher Mann mit viel Geld und damaliger Generalsekretär von Austria Tabak.

Ich kann mich beispielsweise an ein emotionales Treffen mit Gerhard Drexel – Vorstandsvorsitzender von SPAR Österreich – erinnern. Das Stadionprojekt drohte zu scheitern, ich wusste nicht mehr weiter und rief während unseres Gesprächs Josef »Beppo« Mauhart an – und gab mein Telefon an Drexel weiter. Drexel drohte mit der Auflösung der Partnerschaft zwischen dem SPAR-Konzern und dem ÖFB, aber Mauhart hielt stand und stärkte mir den Rücken.

Aber auch Persönlichkeiten wie Friedrich Stickler (damals im Vorstand der Österreichischen Lotterien; Anm. d. Red.) oder Leo Windtner waren essenziell für die Umsetzung.

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Es gab auch eine Bürgerinitiative gegen den Stadionbau.

Korrekt, sie wurde gegründet, um den Bau des Stadions zu verhindern. Die Anwohner im Salzburger Stadtteil Taxham und vor allem der Europark sprachen sich vehement gegen den Neubau aus. Innerhalb der Bevölkerung gab es Bedenken hinsichtlich der Parkplatzkapazität und so wurden über 35.000 Unterschriften gegen das Stadionprojekt gesammelt.

In einer Dissertation über den Stadionbau wurde später festgestellt, dass der SPAR-Konzern, zu dem auch der Europark gehört, 1,85 Millionen Schilling – umgerechnet 134.000 Euro –an die erwähnte Bürgerinitiative überwies, mit dem Ziel den geplanten Bau zu stoppen.

Die Anwohner im Salzburger Stadtteil Taxham und vor allem der Europark sprachen sich vehement gegen den Neubau aus.

Die Gegenwehr der Bevölkerung hielt über Jahre an.

Ja, nach dem Ausbau für die Europameisterschaft 2008 wurde das Thema abermals aufgerollt, als darüber diskutiert wurde, das Stadion zurückzubauen. Es wurde eine Anrainerbeirat ins Leben gerufen, um die Parksituation erneut zu analysieren.

Zum Einweihungsspiel nach dem Ausbau wäre ich gerne gegangen, aber anstatt das Match gegen den FC Arsenal zu verfolgen, fuhr ich durch den Stadtteil Taxham und zählte die freien Parkplätze. Das bizarre war, dass einen Tag nach der Partie weniger Parkplätze zur Verfügung standen als am Spieltag selbst. Obendrein sperrte und überwachte der SPAR-Konzern freie Parkplätze. Es hatte den Anschein, als würden er den Sport aus Salzburg vertreiben wollen. Aufgrund meiner gesammelten Fakten und Argumente verstummten schließlich die kritischen Stimmen der Anrainer und des SPAR-Konzerns.

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Zurück zum Stadionbau, wie wurde die Sportstätte finanziert?

Als ich den Grund für das Stadion hatte, rief ich Franz Schausberger an und bestätigte den geplanten Bau. Um das Stadion erfolgreich zu finanzieren, hätte die Gemeinde Wals-Siezenheim ein Drittel der Finanzierung übernehmen müssen. Es folgte ein Treffen mit dem damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, bei dem ich klar machte, dass das nicht möglich sei. Er schickte mich zu Vizekanzlerin Susanne Riess-Hahn (ehemals Riess-Passer; Anm. d. Red.).

Susanne, wenn ich heute hier rausgehe, wirst du mich verfluchen.

Gab es ein »Happy End«?

Als ich ihr Büro betrat sagte ich: »Susanne, wenn ich heute hier rausgehe, wirst du mich verfluchen.« Ich schilderte ihr mein Anliegen – mit Erfolg. Am Ende wurde ein Kompromiss gefunden: 60 Prozent des Neubaus zahlte der Bund, 34 Prozent das Land und sechs Prozent die Gemeinde Wals-Siezenheim.  

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Welche politischen Weggefährten waren rückblickend besonders wichtig?

Heinz Schaden, Othmar Raus, Franz Schausberger, Susanne Riess-Hahn, Wolfgang Schüssel bildeten gemeinsam mit meiner Person das »politische Gerüst«. Nur zusammen konnten wir das Projekt Stadionneubau schlussendlich mit Erfolg verwirklichen.

Mein Antrieb war meine viel zu früh verstorbene Tochter.

Was war Ihr persönlicher Antrieb für das Projekt?

Mein Antrieb war meine viel zu früh verstorbene Tochter. Sie sagte damals: »Papa, es ist ein Wahnsinn, in Lehen ›zertreten‹ sie dich – und nie hast du einen Platz. Du musst schauen, dass das Stadion nach Wals-Siezenheim kommt.« Das spornte mich an. Als sie im Sommer 2007 am Sterbebett lag meinte sie zu meiner Frau: »Mutti, hast du die Stadionkarte schon verlängern lassen?«

Herr Bieringer, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

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