Der ehemalige Fußballprofi Alexander Manninger über seine 22-jährige Karriere als Torhüter, Erfolge und Misserfolge, Leistungsdruck, Ernährung, die neue Generation Fußballprofi und seine Zeit in Liverpool mit Jürgen Klopp.
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Interviews mit Alexander Manninger haben Seltenheitswert. Dabei hat der ehemalige Torhüter von Juventus Turin, Arsenal und Liverpool eine ganze Menge spannender Geschichten und Anekdoten aus seiner 22-jährigen Laufbahn als Profifußballer zu erzählen. Manninger war in vier Ländern aktiv, darunter in den Top-Ligen Italien, England und Deutschland. In 342 Spielen für Klub und Land kassierte er 438 Gegentore, spielte 97-mal zu Null, erhielt zehn gelbe und eine rote Karte.
Der gebürtige Salzburger teilte sich mit Weltstars wie Gianluigi Buffon, Thierry Henry, Alessandro Del Piero und Dennis Bergkamp die Kabine und arbeitete mit Trainerlegenden wie Arsène Wenger, Jürgen Klopp und Claudio Ranieri zusammen.
Die Vita von Manninger liest sich wie ein spannendes Buch, das nie zu Ende erzählt ist. Dabei fällt eines auf: Der 1,89 Meter große Torwart ist trotz Weltkarriere am Boden geblieben. Jetzt genießt der gelernte Tischler, der in den größten Stadien Europas zwischen den Pfosten stand, ein Leben abseits des nervenaufreibenden und kräftezehrenden Fußballalltags. Bei unserem Gespräch im Redaktionsbüro in Salzburg erscheint er – mit Maske und dicker Winterjacke bekleidet – fünf Minuten vor der vereinbarten Uhrzeit und zeigt sich von seiner tiefgründigen, direkten und offenen Seite. Er blickt gemeinsam mit uns auf seine 22 Jahre im Profifußball zurück, in denen nicht immer alles nach Plan gelaufen ist und rückblickend dennoch nahezu utopisch wirken.
Tiefgründig, offen und direkt: Alexander Manninger blickt gemeinsam mit Chefredakteur Alexander Friedl auf seine 22 Jahre im Profifußball zurück.
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Herr Manninger, Sie haben für elf verschiedene Klubs gespielt. Was war rückblickend Ihre schönste Zeit?
Verbunden mit einem Kindheitstraum, ersten Urlauben und der Musik waren es die zehn Jahre Italien. Die Sprache zu lernen, dort zu leben, das prägt und macht einen rückblickend sehr stolz. Grundsätzlich freut es mich, auf 22 Profijahre – davon 20 im Ausland – zurückblicken zu können.
Sie haben in Ihrer Laufbahn als Profi mit zahlreichen Topstars und Weltmeistern zusammengespielt. Welcher Mitspieler war der beste?
In meiner Zeit bei Arsenal ist sicher Dennis Bergkamp hervorzuheben. Nicht zu vergessen sind aber auch Weltklassespieler wie Tony Adams, Thierry Henry, Patrick Vieira, Marc Overmars, Robert Pires oder Emmanuel Petit, mit denen ich zusammenzuspielen durfte.
Ich war zwar Profi, aber wenn du mit diesen Akteuren in einer Mannschaft bist, merkst du, was die absolute Weltspitze darüber hinaus leistet. Auch in Italien bei Juventus war das so: Pavel Nedvěd, Alessandro Del Piero oder Gianluigi Buffon, um nur einige zu nennen.
Stichwort Buffon: Mit ihm verbindet Sie seit Ihrer Zeit bei Juventus eine Freundschaft. Haben Sie noch Kontakt?
Gigi Buffon ist ein enger Freund von mir und ja, wir haben nach wie vor regelmäßig Kontakt. Mit seinen 43 Jahren ist er bis heute ein echter Vollblutprofi. Es macht mich stolz, mit solchen Persönlichkeiten zusammengearbeitet zu haben.
Wer ist Ihrer Meinung nach aktuell der beste Torhüter?
Manuel Neuer hat in seiner Generation das Tormannspiel revolutioniert. Auch Marc-André ter Stegen zählt hier dazu. Das ist ein anderes Torhüterspiel, als ich es in meiner aktiven Zeit kannte. Zu den Besten gehören sicher auch David de Gea, Alisson Becker und Jan Oblak.
Gelernter Tischler mit Weltkarriere: »Ich war immer ein Arbeiter mit einer dicken Haut«
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Sie haben auch mit Trainerlegende Arsène Wenger zusammengearbeitet. Wie war Ihre Beziehung zu ihm?
Sie war sehr gut und ich hatte eine enge Bindung. Ich kam damals im Sommer 1997 zu Arsenal, das war sein erstes volles Jahr bei den »Gunners«. Sie müssen wissen, Arsène Wenger ist ein Sprachengenie. Er spricht sechs Fremdsprachen fließend, unter anderem auch Deutsch. Ich war damals einer der wenigen deutschsprachigen Spieler im Kader.
Was blieb Ihnen von Wenger besonders in Erinnerung?
Eine Begegnung im März 2017, als ich bei Liverpool war. Wir spielten gegeneinander und trafen uns vor der Partie im Spielertunnel. Wir grüßten uns, schauten uns in die Augen und er – ich erinnere mich noch genau – sagte: »Alex, gratuliere zu deiner Karriere, so lange wie du sind nur wenige aktiv.« Im selben Wortlaut erwiderte ich: »Das Kompliment muss ich Ihnen zurückgeben, denn auch Sie prägten über Jahrzehnte den Fußball«. Solche Aussagen freuen einen natürlich. Leider war das sein letztes Jahr bei Arsenal.
Ich bin mit 19 zu Arsenal und hörte mit fast 40 bei Liverpool auf – damit hat sich für mich ein Kreis geschlossen.
Und auch Ihr letztes Jahr als Profi.
Das stimmt. Diese Erlebnisse machten es jedoch einfacher, einen Schlussstrich zu ziehen.
War Liverpool der perfekte Abschluss Ihrer Profikarriere?
Ich bin mit 19 zu Arsenal und hörte mit fast 40 bei Liverpool auf – damit hat sich für mich ein Kreis geschlossen.
Ich wollte nicht irgendwo in der zweiten Liga spielen, weil ich genau wusste, dass dort genauso viel abverlangt wird. Ich dachte mir, besser kann es nicht werden, und so war Liverpool der perfekte Abschluss meiner Karriere. Das mit diesem Alter noch einmal erlebt zu haben, war großartig.
Italienischer Meister 2012 mit Juventus Turin: Alexander Manninger gemeinsam mit Stephan Lichtsteiner und Giorgio Chiellini.
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Sie haben 1998 mit Arsenal das Double geholt und wurden 2012 mit Juventus Turin Meister. Darüber hinaus waren Sie der erste Österreicher in der englischen Premier League und wurden von der italienischen Sportzeitung »Gazzetta dello Sport« im Herbst 2008 zum besten Torhüter der Hinrunde der Serie A gewählt. Was war Ihr persönlich schönster Erfolg?
Ich war nie ein großer Zeitungsleser oder Fan von Statistiken und dennoch: Wenn ich heute diese Zahlen höre, macht mich das stolz. Einen speziellen Erfolg herauszuheben, fällt mir schwer. Vielmehr waren es bestimmte Momente, die mir besonders in Erinnerung geblieben sind.
Welche waren das?
Es waren die ersten Spiele bei den jeweiligen Klubs. Ich denke beispielsweise an das erste internationale Match mit dem GAK gegen Inter Mailand mit gerade einmal 18 Jahren. Mein erstes Spiel mit Arsenal gegen den FC Middlesbrough 1997 oder die erste Premier-League-Partie.
Besonders war auch der dreimalige Klassenerhalt – zweimal in der letzten Runde – in Siena oder meine Zeit in Augsburg. In der Saison 2012/13 hatte die Mannschaft neun Punkte zur Hinrunde. Im letzten Spiel (Manninger parierte einen Elfmeter; Anm. d. Red.) gelang es uns, die Klasse zu halten. Das war etwas Einzigartiges. Diese Momente bleiben ein Leben lang.
Ich hatte immer diesen Gewinnerinstinkt in mir und wollte auf höchstem Niveau Fußball spielen – egal in welchem Land oder welcher Liga.
Im österreichischen Nationalteam konnten Sie trotz 33 Einsätzen nie wirklich Fuß fassen. So mussten Sie 2008 bei der Europameisterschaft im eigenen Land auf der Bank Platz nehmen. Ärgert Sie das rückblickend?
Ich hätte gerne mehr für Österreich gespielt, aber es sollte – aus mehreren Gründen – nicht sein.
Bei der Heim-EM sprach sportlich gesehen viel für mich. Ich bin rückblickend keinem böse, jedoch konnte ich die Entscheidung nicht nachvollziehen. Ich war sehr enttäuscht, weil es als Österreicher die einzige Chance war, bei einem internationalen Turnier dabei zu sein. Ich brauchte Zeit, diese Entscheidung zu verarbeiten. Gleichzeitig motivierte mich dieser Rückschlag und weckte meinen Ehrgeiz, bis fast 40 zu spielen.
Bei vielen Ihrer Stationen wurden Sie als zweiter Torwart geholt. Dennoch haben Sie über 300 Spiele absolviert. Ist es manchmal wichtiger, auf seine Chance zu warten und sich »durchzubeißen«, anstatt den vermeintlich einfacheren Weg zu gehen?
Ich hatte immer diesen Gewinnerinstinkt in mir und wollte auf höchstem Niveau Fußball spielen – egal in welchem Land oder welcher Liga. Ich bin keiner, der jammert, aber ich hätte rückblickend einfachere Wege gehen können. Der eine oder andere Transfer war vielleicht nicht richtig. Ich hörte oft, dass ich nie gespielt hätte. Ich glaube aber, dass etliche Profis mit über 300 Spielen nicht unzufrieden wären.
Möglicherweise prägte mich in diesem Denken auch meine Kindheit. Ich wuchs in einfachen Verhältnissen auf, hatte ein perfektes Verhältnis zu meinen getrennten Eltern und arbeitete als Tischler. Ich war immer ein Arbeiter mit einer dicken Haut, der für seine Ziele kämpfte. Warum sollte ich nicht bei Arsenal, Liverpool oder Juventus spielen?
»Ich habe Kollegen, die hören mit 30 Jahren auf, weil ihnen die Motivation fehlt und der Bankmanager sagt, dass sie finanziell ausgesorgt haben.«
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In der heutigen Fußballwelt ist das nicht immer so.
Ich habe Kollegen, die hören mit 30 Jahren auf, weil ihnen die Motivation fehlt und der Bankmanager sagt, dass sie finanziell ausgesorgt haben. Das habe ich nie gekannt.
Bei Ihnen fing die Karriere mit 30 erst so richtig an.
Ja, mit 30 hatte ich die ersten körperlichen Beschwerden, aber auch die können eine neue Herausforderung darstellen, um zwei Stunden vor und nach dem Training da zu sein. Das kennen viele Profis leider nicht mehr.
Heute glauben viele, dass das Smartphone einen behandelt, massiert und pflegt – das ist eben nicht der Fall. Ich bin kein Feind von neuen Technologien, sie gehören zu dieser Generation dazu, aber der Fußball ist über die Jahre ein anderer geworden. Follower, Likes und Klicks sind häufig wichtiger als das Sportliche.
Heute glauben viele, dass das Smartphone einen behandelt, massiert und pflegt – das ist eben nicht der Fall.
Die Entwicklung des Fußballs haben Sie in Ihrer Laufbahn als Profi schonungslos miterlebt. Wie stehen Sie zu dieser Entwicklung? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
In diesen 22 Jahren durchschritt ich drei Generationen. Ich bin in den 90er-Jahren mit einem arbeitenden Salzburger Fußball groß geworden – die Erfolgsgeschichte Otto Barić. Zu dieser Zeit war alles andere wichtiger als Geld. Der Fußball stand immer im Vordergrund.
Als schließlich Sky und andere Medienunternehmen Mitte der 90er den englischen Markt mit Geld überschwemmten, kamen Spieler zu Werbeverträgen. Anfang der 2000er erreichte diese Entwicklung Deutschland, Italien und andere große Ligen.
Ich habe diese Entwicklung bis heute hautnah miterlebt. Einzelne Spieler positionieren sich als Marke, vermarkten sich selbst und verdienen damit gutes Geld. Plötzlich sind belanglose Dinge wie die Farbe der Fußballschuhe, Autos oder Sonnenbrille wichtig. Der Fußball hat sich verändert. Fußball ist ein Business geworden.
Da haben Sie Recht.
Jürgen Klopp sagte mir einst: Fußball ist nicht nur Sport, sondern ein Spiel mit vielen unterschiedlichen Facetten, das du verstehen und mitspielen musst – nur dann bist du auch erfolgreich. Klopp begreift es, dieses Spiel zu spielen – ob das in Form von Social Media ist oder wie er mit seinen Spielern umgeht.
22 Jahre Profifußball: »Plötzlich sind belanglose Dinge wie die Farbe der Sonnenbrille wichtig«
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Geben Sie uns doch ein Beispiel.
Nach Niederlagen gab er uns oft einen Tag frei oder erlaubte uns, ein Bier zu trinken. Er versteht den psychologischen Aspekt hinter dem Fußball. Wenn die Chemie stimmt, hast du Spaß an der Arbeit und bist schlussendlich auch erfolgreich.
Für Klopp steht immer das Team im Mittelpunkt und das sind nicht nur 25 Spieler, sondern der gesamte Stuff inklusive aller Angestellten. Wenn einer in diesem Boot nicht mitrudert, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder du packst mit an, oder dir wird die Tür gezeigt und alles Gute für die Zukunft gewünscht. Unter Klopp zu trainieren, war eine enorme Bereicherung für mich.
Sie arbeiteten in Ihrer Laufbahn mit zahlreichen namhaften Trainern zusammen.
Ja das stimmt, ich hatte viele gute Trainer, ob das in Salzburg Otto Barić war, beim GAK August Starek, bei Arsenal Arsène Wenger, bei Siena Mario Beretta, bei Juventus Claudio Ranieri, Alberto Zaccheroni und Antonio Conte bis hin zu Liverpool und Jürgen Klopp. Als Profi lernst du sehr viel. Du hast aber auch manch nicht so guten Trainer in 22 Jahren. Das merkt man sowohl in der Mannschaft als auch an sich selbst.
Wenn ein Sportler mit diesem Druck nicht umgehen kann, ist er nicht der Richtige für diesen Job. Das ist nicht nur im Fußball so, sondern im gesamten Arbeitsleben.
Per Mertesacker oder auch André Schürle äußerten sich in den letzten Jahren sehr offen und kritisch über Leistungsdruck im Profifußball. Wie denken Sie über das Thema?
Mit Per – den ich sehr schätze – führte ich vor zwei Jahren ein längeres Gespräch über dieses Thema und ich kann ihn verstehen. Er erlebte – ähnlich wie ich – diese verschiedenen Generationen mit und spielte über Jahrzehnte auf höchstem Niveau.
Ja, es gibt diesen Druck und der wird größer, je erfolgreicher du bist. Nicht jeder kann diesen aushalten und damit richtig umgehen. Ich kann es allerdings nicht verstehen, wenn Spieler mit nicht einmal 30 Jahren Burn-out oder Krankheiten haben, die es vor zehn Jahren noch nicht einmal gab. Wenn ein Sportler mit diesem Druck nicht umgehen kann, ist er nicht der Richtige für diesen Job. Das ist nicht nur im Fußball so, sondern im gesamten Arbeitsleben.
Wie gingen Sie mit Druck um? War das ein Thema bei Ihnen?
Ich machte mir den Druck immer selbst und wollte es mir beweisen: mit 19 als erster Österreicher in der Premier League zu spielen, sich anzupassen, andere Kulturen und Sprachen kennenzulernen. Jeder spürt den Druck anders.
»Jürgen Klopp sagte mir einst: Fußball ist nicht nur Sport, sondern ein Spiel, das du mitspielen musst – nur dann bist du erfolgreich.«
© Liverpool FC Press Office
Und wenn jemand mit diesem Druck nicht umgehen kann?
Man entscheidet sich bewusst für eine Karriere als Profisportler und eben nicht für eine als Tischler, wo dieser Leistungsdruck in dieser Form nicht vorhanden ist. Jeder muss für sich selbst definieren, welchen Weg er gehen will und kann – Stichwort Selbsteinschätzung. Die Profikarriere ist dafür auch mit Erfolgen und entsprechend finanzieller Entschädigung verbunden. Wenn man mit diesem Druck nicht umgehen kann, muss man Abstriche machen. Dann hat man eben keine Garage mit drei Sportwägen und Immobilien im In- und Ausland. Man kann nicht alles haben.
Wie schätzen Sie das grundsätzliche Bewusstsein zum Thema Ernährung im Spitzensport ein? Was sind Ihre Erfahrungen?
Ich glaube, dass man heute sehr weit ist. Ernährung ist einer der zentralen Bausteine im Spitzensport. Sie wirkt sich auf das Wohlbefinden, die Verletzungsanfälligkeit und die Leistung aus.
In meiner Zeit bei Arsenal war Arsène Wenger einer der ersten, der dieses Thema aufgegriffen hat. Damals errichtete man in London Colney ein Trainingszentrum mit entsprechender Küche, Gemeinschaftsräumen und Freizeitmöglichkeiten – Stichwort Wohlfühlfaktor. Den Spielern wurde das ermöglicht, was heute jeden erfolgreichen Klub auszeichnet.
Auch in Liverpool war das ähnlich. Es geht darum, den Spielern neben den Trainings eine gute Zeit zu ermöglichen, beispielsweise in Form einer guten Küche. Jürgen Klopp rief das ins Leben, holte dafür die besten Leute und perfektionierte es.
Mona Nemmer revolutionierte das Thema Ernährung im Fußball. Sie brachte Know-how sowie ihre Erfahrung vom DFB und den Bayern zu Liverpool.
Hier kommt die Ernährungswissenschaftlerin Mona Nemmer ins Spiel. Jürgen Klopp lobt sie in höchsten Tönen und spricht von »absoluter Weltklasse«.
Völlig korrekt, Mona revolutionierte das Thema Ernährung im Fußball. Sie brachte das entsprechende Know-how sowie die gesammelte Erfahrung vom DFB und den Bayern zu Liverpool. Ernährung ist das Nonplusultra, um langfristig erfolgreich zu sein.
Inwiefern spielt individuelle Ernährung eine Rolle?
Die Ernährung ist individuell auf die jeweiligen Bedürfnisse und Merkmale der Profis abgestimmt. Körpergröße, Verträglichkeit, Allergien, Religion, kultureller Background – all diese Faktoren werden berücksichtigt. Wenn ein Spieler ernährungstechnisch etwas benötigt, bekommt er es auch. Als Profi bist du perfekt versorgt.
Zielstrebig: »Warum sollte ich nicht bei Arsenal, Liverpool oder Juventus spielen?«
© Sebastian Weingart
Gibt es beim FC Liverpool einen Regelkatalog, in dem festgehalten ist, was von den Spielern konsumiert werden darf?
Es gab in dieser Hinsicht nie Probleme, weil die Spieler das zu 100 Prozent akzeptierten und das Bewusstsein dafür hatten.
Jürgen Klopp erklärte es der Mannschaft damals so: »Auf unserem Parkplatz stehen die besten Autos, die den entsprechenden Treibstoff benötigen. Wenn ein Spieler die maximale Leistung abrufen möchte, braucht auch er den besten Treibstoff – und das ist eine ausgewogene und gesunde Ernährung.« Er investierte – personell und finanziell – so viel, dass er davon ausgehen konnte, an dem scheitert es nicht.
War das zu den Anfängen Ihrer Karriere auch so?
Nein, zu Beginn meiner Zeit bei Arsenal versteckten Mitspieler wie Ashley Cole oder Matthew Upson McDonalds-Tüten im Schrank der Kabine. Das hat sich komplett verändert. Jetzt hast du ein individuelles Menü. Auch bei Liverpool gab es ab und zu Burger oder Pizza, die mit gesunden und hochwertigen Lebensmitteln zubereitet wurden. Das macht Spaß, weil man selbst merkt, dass es einem gut tut. Aus diesem Grund muss es keine Verbote geben.
Vor jedem Spiel stand ein Glas Wein auf dem Tisch. Ich dachte mir nur: Ihr wisst aber schon, dass wir in drei Stunden spielen?
Wie sieht es mit Alkoholkonsum im Profifußball aus?
Ich wuchs mit dem einen oder anderen Bier oder Glas Wein auf. Bei mir war das allerdings immer nach dem Spiel.
Als ich 2002 nach Italien kam, gab es für mich diesen »Wow-Effekt«: Vor jedem Spiel stand ein Glas Wein auf dem Tisch. Ich dachte mir nur: Ihr wisst aber schon, dass wir in drei Stunden spielen? Das war noch die Generation Angelo Di Livio, Moreno Torricelli und Enrico Chiesa.
Hat das heimlich stattgefunden?
Nein, im Gegenteil, das war beim gemeinsamen Mittagsessen und akzeptiert. Sie brauchten den Wein zum Runterkommen. Das hat sich aber stark verändert. Alkohol vor einem Spiel ist nicht leistungsfördernd, danach scheiden sich die Meinungen. Ich würde es so zusammenfassen: Ein Bier oder Glas Wein hat keinem geschadet. Das gewisse Maß ist entscheidend.
Hobbysportler: »Es freut mich, wenn ich als Mensch wahrgenommen werde«
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Wenn man über 22 Jahre lang Fußballprofi war, wie geht es einem, wenn von heute auf morgen damit Schluss ist?
Mir ist es relativ leicht gefallen. Mit fast 40 Jahren sieht man Dinge anders, als mit 20 oder 30. Du bekommst von deinem Körper klare Zeichen und auch mental fiel es zunehmend schwerer, sich zu motivieren.
Ich habe eine lange Liste von Dingen, die ich noch abarbeiten will. Als gelernter Tischler repariere ich irrsinnig gerne Dinge, befasse mich mit Immobilien, Bauen und Einrichtung. Das bestärkt und motiviert mich, füllt einen Tag aber auch sehr schnell. Ein Wochenende ist wieder ein Wochenende. Ich habe 25 Jahre lang keines gehabt. Diese kleinen Dinge schätzt man wieder.
Vermissen Sie etwas?
Natürlich vermisse ich diesen Mannschaftsgedanken, etwas gemeinsam zu erreichen, oder auch Siege und Niederlagen miteinander zu teilen. Ich bin bis heute leidenschaftlicher Sportler, spiele gerne Golf und gehe Skifahren.
Sie wohnen in Ihrer Heimatstadt Salzburg. Hätten Sie sich vorstellen können, nach dem Karriereende woanders zu leben?
Italien war ein Thema. Es blieb aber bei Freundschaften, positive Erinnerungen und regelmäßigen Urlauben. Mein Lebensmittelpunkt ist und bleibt Salzburg. Ich kam bewusst in meine Heimatstadt zurück und schätze sehr, was ich hier habe. Ich genieße es, auch mal nicht auf der Straße erkannt zu werden. Aussagen wie »Entschuldigung, dass ich Sie nicht gleich erkannt habe, aber ich habe es nicht so mit Fußball« tun gut. Es freut mich, wenn ich als Mensch und nicht als ehemaliger Fußballprofi wahrgenommen werde.
Blick in die Zukunft: Wo sehen wir Sie in ein paar Jahren?
Können Sie sich einen Beruf im Fußball vorstellen – beispielsweise als Trainer? Ich kann mir definitiv einen Job im Fußball vorstellen. Ich glaube allerdings nicht, dass ich in naher Zukunft als Trainer auf dem Platz stehen werde, da mir die entsprechende Ausbildung fehlt. Aber ich kann mir gut vorstellen, meine Erfahrungen im Fußball zu teilen und weiterzugeben. Es gibt immer wieder auch Interessenten. Bislang war noch nicht das Richtige dabei. Aktuell bin ich bei meinen Wurzeln als Tischler angekommen, und das macht mich glücklich.
Herr Manninger, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.