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Mount Everest Expedition: Was kostet eine Luxusreise zum Dach der Welt? [Exklusiv]

Lesedauer: 8 Minuten
© Furtenbach Adventures

Jährlich besteigen hunderte waghalsige Menschen den höchsten Berg der Welt: den Mount Everest. Um sich diesen Traum zu verwirklichen, bezahlen Touristen sechsstellige Summen – und einige mit ihrem Leben. Das Big Business hinter den Reisen in die Todeszone.

© Furtenbach Adventures

Die Faszination, den höchsten Berg der Welt zu bezwingen, ist so alt wie die Menschheit selbst. Im Jahr 1953 gelang dies Edmund Hillary und Tenzing Norgay zum ersten Mal. Knapp 25 Jahre später – am 8. Mai 1978 – waren es ein Nord- und Südtiroler, die den Gipfel des 8.848 Meter hohen Mount Everest ohne zusätzlichen Sauerstoff erreichten und damit weltberühmt wurden: Peter Habeler und Reinhold Messner.

Seither ist der Run auf den Gipfelkegel mit der größten Strahlkraft im Himalaya-Gebirge eröffnet. Es ist auch das tagtägliche Business des Tiroler Unternehmers Lukas Furtenbach. Mit seiner Agentur Furtenbach Adventures schafft er »Once in a lifetime-Erlebnisse«, die große Begehrlichkeiten wecken und ein entsprechendes Preisschild haben. Den Blick vom Dach der Welt lassen sich seine vom Höhenrausch getriebenen Expeditionsteilnehmer sechsstellige Summen kosten. Im Gegenzug gibt es Gipfelglück mit Erfolgsgarantie. Aber alles der Reihe nach. 

Von zwei Seiten lässt sich der Mount Everest besteigen: zum einen ist das mit China jener Staat, der die Erlaubnis – in der Szene auch Permits genannt – für die Begehungen mit 200 Tickets pro Jahr limitiert und Expeditionsveranstalter als Hauptverantwortliche für jeden ihrer Teilnehmer, Scherpa und Bergführer in die Pflicht nimmt. Im Süden ist es Nepal, das unbegrenzt Permits verkauft und keinerlei Anforderungen an die Gipfelstürmer stellt. »Egal, von welcher Seite wir raufgehen – die Erlaubnis kostet jeweils 11.000 US-Dollar. Wenn man bedenkt, dass es von Nepal zuletzt rund 400 Begehungen gab, dann sind das allein Einnahmen von 4,4 Millionen Euro pro Jahr. China hat aufgrund der Pandemie in den letzten Jahren komplett darauf verzichtet. Ab 2024 sollten die Wege aber auch von Tibet aus wieder offen sein«, erklärt Furtenbach im Exklusiv-Gespräch mit dem Sport Business Magazin.

Gipfelglück mit Erfolgsgarantie: Der Tiroler Unternehmer Lukas Furtenbach im Exlusiv-Gespräch über Mount-Everest-Expeditionen als Big Business.

© Furtenbach Adventures

Höhenbergsteigen neu erfunden

Der 45-jährige Tiroler hat 2014 das Unternehmen Furtenbach Adventures für Abenteuerreisen gegründet. Die Idee dazu kam ihm als Studienteilnehmer an der Universität Innsbruck Ende der 1990er-Jahre, in der mittels Hypoxie-Zelten die Akklimatisierung an Höhenbedingungen und die damit verbundene Zunahme an roten Blutkörperchen erforscht wurde. Schnell erkannte der leidenschaftliche Bergsteiger und studierte Geograf, dass er damit Höhentraining von zuhause aus ermöglichen kann. Dadurch lassen sich Expeditionen zeitlich stark verkürzen, was neue, zahlungskräftige Kunden anspricht.

Lukas Furtenbach schafft »Once in a lifetime-Erlebnisse«, die ein entsprechendes Preisschild haben.

»So schaffen wir eine Gipfelbesteigung in drei Wochen. Normalerweise benötigen wir aufgrund der langsamen Akklimatisierung etwa sieben bis acht Wochen. Denn, um das Ausbrechen einer lebensbedrohlichen Höhenkrankheit zu vermeiden, müssen die Teilnehmer über mehrere Wochen vom Basislager auf 5.300 Metern Seehöhe in Rotationswanderungen etwa viermal zu Camp 1 auf 6.100 Metern und wieder zurück ins Basecamp gehen, dann dasselbe zu Camp 2 auf 6.400 Metern, zu Camp 3 auf 7.200 Metern und schließlich zur finalen Vorbereitung zu Camp 4 auf 8.000 Höhenmeter«, gibt uns Furtenbach zu wissen. Diese Zeit hätten aber heutzutage viele nicht, weshalb er das Höhentraining mittels Hypoxie-Zelt zu den Teilnehmern daheim ins Wohnzimmer verlegt. Das erspart Wochen der Anpassung am Berg.

© Pixabay

99.900 Euro für eine Flash-Expedition

Für die nächsten drei Jahre sind die Expeditionen der Innsbrucker Adventure-Agentur auf den Mount Everest bereits ausgebucht. »Die schnelle Drei-Wochen-Tour – die sogenannte Flash-Expedition – ist unser meistgebuchtes Produkt und kostet aktuell 99.900 Euro. Als Einstiegsvariante bieten wir aber auch einen klassischen Sechs-Wochen-Trip um 61.000 Euro sowie die Highend-Variante mit 1:1-Führung, verbessertem Sauerstoffsystem, Trainingsprogramm und einem dauerhaften, mobilen EKG während der Besteigung um 200.000 Euro an«, so Furtenbach. 

So ließen sich mögliche Schlaganfälle oder Lungenembolien frühzeitig erkennen. »Aufgrund der globalen Preissteigerungen werden auch wir unsere Preise künftig um 20 Prozent erhöhen müssen«, merkt der Alpinist an. Zum Pauschalpreis des jeweiligen Packages kommt die persönliche Ausrüstung wie Schlafsack, Heizsocken, Steigeisen, Daunenanzug, Expeditionsschuhe, beheizte Handschuhe oder Heizwesten um 10.000 bis 15.000 Euro hinzu. Seile, Zelte und Kochutensilien werden von Furtenbach Adventures gestellt.

Der Aufenthalt im Hochlager auf 8.000 Meter ist auf 48 Stunden begrenzt, da der Körper mehr Sauerstoff verbraucht, als er aufnehmen kann.

© Furtenbach Adventures

Jahrelange Vorbereitung ist alles

Generell dauert die Vorbereitung für sportliche Expeditionsanwärter rund ein bis drei Jahre. »Wir testen alle möglichen Parameter in den drei Bereichen: körperliche Gesundheit, körperliche Leistungsfähigkeit sowie technische Fähigkeiten. Wir sind extrem streng, was deren Erfüllung betrifft. Das führt dazu, dass wir etwa die Hälfte der Bewerber ablehnen. Schließlich geht es um die Gesundheit der Menschen«, erläutert der Tiroler und ergänzt, »auch für uns ist es eine wichtige Benchmark, wie viele Leute wir auf den Gipfel bringen. An dieser Erfolgsquote werden wir als Expeditionsveranstalter international gemessen.« Aus mentaler Sicht muss auch die Höhenkomponente in der Vorbereitung berücksichtigt werden.

Als Expeditionsveranstalter werden wir an der Erfolgsquote, wie viele Leute wir auf den Gipfel bringen, gemessen.

Der Sauerstoffmangel kann zur äußerst belastenden Situation führen, zumal einem das veränderte Energiemanagement des Körpers, Schlafstörungen und die physiologische Belastung auch psychisch zusetzen. »Als Vorbereitung für Ausdauersportler und Standard-Quereinsteiger empfehle ich vorab einen einwöchigen Bergkurs. Hier werden technische Skills vermittelt und bei 4.000er-Besteigungen die ersten Höhenreize im Körper ausgelöst«, gibt Furtenbach Tipps für Einsteiger. Danach steigere man sich beispielsweise mit Bergtouren auf den im Nordosten Tansanias beheimateten Kilimanjaro (5.895 Meter) und den in Argentinien gelegene Aconcagua (6.961 Meter), bei denen auch bereits Eiskletterfähigkeiten trainiert werden können. »Es wird bei unseren Expeditionen keiner getragen. Jeder muss seine eigenen Erfahrungen machen, wie er auf den Gipfel kommt. Wir versuchen nur, die körperlichen und mentalen Herausforderungen für unsere Teilnehmer so gering wie möglich zu halten.

Once in a lifetime experience? Die Todesrate des Mount Everest liegt bei etwa 14 Prozent.

© Furtenbach Adventures

Wann ist das Gipfelfenster offen?

Es gibt nur wenige Gipfeltage im Jahr, an denen eine Mount-Everest-Besteigung möglich ist. Hauptzeit ist nach dem Sommermonsun von Mitte bis Ende Mai. »Da gibt es ein etwa dreiwöchiges Zeitfenster, in dem der Jet-Stream kurz nach Norden abdriftet und den Gipfel für uns freigibt. Windig bleibt es da oben trotzdem – nur halt bei verträglichen Böen von bis zu 50 Kilometer pro Stunde. Im langjährigen Durchschnitt sind es sechs bis acht Tage im Jahr, an denen ein Aufstieg möglich ist«, so Furtenbach, der uns auch die Bilder vom »Stau« am Weg zum Gipfel des Mount Everest erklärt: »Gibt es in einem Jahr wie 2019 nur ein bis zwei Bergtage, sind alle Expeditionsgruppen gleichzeitig unterwegs. Das ist allerdings die absolute Ausnahme.« Der Veranstalter habe im bisher schlimmsten Fall eine Woche auf eine Schönwetterphase gewartet.

Zeltlager des Mount Everest: »Im Durchschnitt ist ein Aufstieg an sechs bis acht Tagen im Jahr möglich«

© Furtenbach Adventures

Wie groß ist die Expeditionsgruppe?

Im Durchschnitt ist Furtenbach Adventures bei einer Everest-Expedition mit 16 Kunden am Berg. Dazu kommen vier topausgebildete Bergführer, ein Arzt und die argentinische Köchin. Rechnet man die 30 Sherpas und eine zusätzliche Küchenmannschaft von zehn Leuten hinzu, ist man mit einer Gruppe von 60 Menschen unterwegs. Die Sherpas sind ein äußerst wichtiges Rückgrat der Tour. Sie richten vorab das Hochlager ein und tragen die schweren Lasten hinauf. Für die Sauerstoffdepots sind sie ebenso zuständig, wie für die Kontrolle der Sicherheitskarabiner eines jeden Kunden. »Wir arbeiten schon viele Jahre mit unseren 30 Sherpas zusammen, die ein eingespieltes Team sind und die wir ganzjährig auch für andere Touren beschäftigen. Pro Everest-Expedition verdienen sie etwa 10.000 US-Dollar bei uns, sonst sind 2.000 bis 3.000 US-Dollar üblich«, erklärt Furtenbach. Rechnet man alle Expeditionsgruppen und Sherpas zusammen, befinden sich in der Hauptzeit über 1.000 Leute im Basecamp. Am Berg selbst verteilen sich diese auf unterschiedliche Aufstiegsrouten.

Rechnet man die 30 Sherpas und eine Küchenmannschaft hinzu, ist man mit 60 Menschen unterwegs.

Auch die Rolle der Bergführer ist eine sehr bedeutende. Einer von Furtenbachs Hauptbergführer ist der 52-jährige Alpinpolizist Rupert Hauer. Der Lungauer war bereits viermal am höchsten Berg der Welt und ist damit Rekordhalter in Österreich. Unter anderem wurde er bekannt, weil er im Jahr 2013 150 Meter unter dem Gipfel einem erblindeten Amerikaner, der fast an der Höhenkrankheit gestorben wäre, das Leben gerettet und damit auf sein eigenes Gipfelglück verzichtet hat.

Kritik an der Kommerzialisierung des Berges weist Furtenbach entschieden zurück: »Jenes Foto vom Stau am Weg zur Gipfelpyramide, das 2019 große mediale Aufmerksamkeit hervorrief, wird immer wieder zum ›Mount-Everest-Bashing‹ missbraucht. Aus meiner Sicht war das aber die absolute Ausnahme.« Generell rechnen Experten, dass sich die Zahl der Permits bei guter Organisation von 400 auf gut 800 verdoppeln könnte, ohne dabei sicherheitstechnische und umweltschädigende Einbußen zu haben.

Infografik: Gefährliche Gipfel | Statista Mehr Infografiken finden Sie bei Statista
Infografik: Es wird voll auf dem Everest | Statista Mehr Infografiken finden Sie bei Statista

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